Indien Landesweite Proteste nach Vergewaltigung einer Ärztin
Der brutale Mord an einer jungen Ärztin in Indien hat landesweit Entsetzen ausgelöst. Der Fall rückt erneut die tief verwurzelten Probleme von Gewalt gegen Frauen in den Fokus und die Proteste dauern an.
In Indien hat die Vergewaltigung und Ermordung einer Ärztin für Empörung gesorgt. Zuletzt protestierten Tausende Ärztinnen und Ärzte sowie Gruppen von Frauen in verschiedenen Teilen des Landes und beklagten die mangelnde Sicherheit von Mitarbeitenden im Gesundheitsbereich sowie von Frauen, die nachts arbeiten.
Der Protest erreicht nun eine neue Dimension: Ärzte rufen zu Streiks auf. Am Samstag wollen Medizinerinnen und Mediziner landesweit ihre Arbeit für 24 Stunden niederlegen. Notdienste sollten jedoch nicht betroffen sein, hieß es von der Indian Medical Association. Die Demonstranten und Demonstrantinnen fordern sicherere Arbeitsbedingungen - und eine Bestrafung des Täters oder der Täter.
Wut weitet sich zu landesweiter Empörung aus
Die Polizei fand die Leiche der 31-jährigen Ärztin in Ausbildung am 9. August in einem Seminarraum ihres Krankenhauses in der Millionenstadt Kolkata. Die Frau soll dort nach einer langen Schicht geschlafen haben. Ihr Körper wies viele Verletzungen auf, eine Autopsie wies Spuren sexueller Gewalt nach. Die Polizei nahm bislang einen Verdächtigen fest.
In den Tagen nach dem Fund der Leiche weitete sich die Wut zu einer landesweiten Empörung aus. In den vergangenen Tagen legten Tausende Ärzte und Sanitäter ihre Arbeit in öffentlichen Krankenhäusern nieder und forderten ein sichereres Arbeitsumfeld.
Jede Viertelstunde ein neuer Vergewaltigungsfall
Der Fall richtet die Aufmerksamkeit auf gleich zwei Probleme im Land. Zum einen erleben Ärztinnen und Ärzte immer wieder Gewalt am Arbeitsplatz. Berichte häufen sich, wonach Angehörige angreifen - gerade wenn Patienten sterben. Bis zu 75 Prozent der Medizinerinnen und Mediziner seien etwa Drohungen oder körperlichen Übergriffen ausgesetzt, hieß es in einer Studie der Indian Medical Association von 2019.
Zum anderen ist Gewalt gegen Frauen in Indien weit verbreitet. Nach offiziellen Daten wird in dem Land jede Viertelstunde ein neuer Vergewaltigungsfall gemeldet. Die tatsächliche Zahl dürfte dabei deutlich höher sein, wie Frauenrechtlerinnen immer wieder betonen. Aber das Stigma ist so groß, dass viele Opfer lieber schweigen. Ein Grund dürfte die Gesellschaft sein.
Jedes Jahr werden Tausende weibliche Föten abgetrieben, Mädchen besuchen Schulen seltener als Jungen, und Töchter sind für Familien oft eine finanzielle Belastung - häufig müssen sie bei ihrer Heirat eine hohe Mitgift zahlen, obwohl dies inzwischen offiziell verboten ist.
Fall vor zwölf Jahren
Dringen allerdings besonders brutale Fälle sexueller Gewalt an die Öffentlichkeit, ist die Aufmerksamkeit groß - vor allem seit der Gruppenvergewaltigung einer 23-jährigen Studentin in einem fahrenden Bus in der Hauptstadt Neu-Delhi vor zwölf Jahren. Sie starb später in einem Krankenhaus. Auch damals gab es Massenproteste, was zu einer Verschärfung der Gesetze führte.