50 Jahre Schutzprogramm Wieder mehr als 3000 Tiger in Indien
Nur noch in 13 Ländern leben Tiger in freier Wildbahn, die meisten in Indien. 50 Jahre nach dem Beginn eines Schutzprogramms ist der Bestand dort auf mehr als 3000 Tiere angestiegen. Indigene kritisieren aber die Folgen für ihren Lebensraum.
In Indien leben erstmals seit anderthalb Jahrzehnten wieder mehr als 3000 Tiger in Freiheit. Einer aktuellen Zählung zufolge wurden im gesamten Land 3167 Tiger in freier Wildbahn erfasst. Dies entspricht einem Anstieg um 200 Tiere im Vergleich zur vorherigen Zählung von 2019. Die Zahl der bedrohten Tiere wird regelmäßig mit Kamerafallen ermittelt.
50 Jahre nach dem Beginn eines Schutzprogramms in Indien lebten 75 Prozent der weltweit gezählten Tiger in dem Land, sagte der indische Premierminister Narendra Modi bei einer Veranstaltung anlässlich des Jubiläums.
"Indien ist ein Land, in dem der Schutz der Natur Teil unserer Kultur ist", sagte Modi. Die nun veröffentlichte Zählung sei ein "stolzer Moment" für sein Land und ein Erfolg für die gesamte Welt.
1900 lebten weltweit noch 100.000 Tiger
Im Vergleich zur vorherigen Vierjahresperiode verlangsamte sich die Wachstumsrate bei der Tigerzahl allerdings von 30 auf sieben Prozent. Außerdem ist die Population im Vergleich zu früheren Jahrzehnten weiterhin verschwindend klein. 1947 lebten in Indien laut Schätzungen noch etwa 40.000 Tiger.
Weltweit lebten 1900 nach Schätzungen noch 100.000 Tiger. Die Zahl sank in den vergangenen 100 Jahren um mehr als 93 Prozent. Nur noch in 13 Ländern leben Tiger in freier Wildbahn.
Als "Tigerländer" werden neben Indien auch Russland, China sowie mehrere Länder in Süd- und Südostasien bezeichnet. Sie haben sich darauf verständigt, die Tiere zu schützen. 2010 unterzeichneten Indien und die zwölf weiteren Staaten, in denen Tiger in Freiheit leben, ein Abkommen mit dem Ziel, die Zahl dieser Wildkatzen bis 2022 zu verdoppeln. "Indien hat die Verdopplung zwar nicht geschafft, trotzdem ist die indische Entwicklung eine Erfolgstory ohnegleichen", sagte WWF-Tigerexperte Markus Raddey.
Tiger haben religiöse Bedeutung
In dem mehrheitlich hinduistischen Indien haben Tiger auch eine religiöse Bedeutung. Der Regierung ist auch die Wichtigkeit von Tigern für den Wildtiertourismus bewusst. Die Tigerjagd wurde in den 1970er-Jahren verboten, und Beutetiere werden wegen einer großen vegetarischen Tradition im Land weniger gejagt als in anderen Ländern.
Auch setze die Regierung auf Maßnahmen, um Konflikte zu entschärfen. Menschen, die Angehörige oder Nutztiere an Tiger verlieren, werden beispielsweise entschädigt. Denn mehr Tiger können auch mehr Konflikte mit Menschen bedeuten. Mit der Abholzung von Wäldern liegen menschliche Siedlungen teils sehr nah an den Raubtieren. Weltweit sei das Verbreitungsgebiet des Tigers in den vergangenen 100 Jahren um 95 Prozent geschrumpft, heißt es vom WWF.
Indigene kritisieren Folgen für ihren Lebensraum
Der Jahrestag des Schutzprogramms wurde in Indien aber nicht nur als Grund zum Feiern gesehen. Demonstranten wollten anlässlich des Jubiläums darauf verweisen, wie sie durch Maßnahmen zum Schutz von Wildtieren in den vergangenen Jahrzehnten vertrieben worden seien. Dutzende beteiligten sich an einem Protest.
Dem 1973 begonnenen "Project Tiger" war eine Zählung vorausgegangen, bei der festgestellt wurde, dass die Tiger zunehmend vom Aussterben bedrohen waren. Gründe dafür waren der Verlust des Lebensraums, die nicht regulierte Freizeitjagd, zunehmende Wilderei sowie Vergeltungsangriffe durch Menschen. Es wurde beschlossen, für das Projekt Schutzgebiete zu schaffen.
Die Schutzmaßnahmen hätten aber zur Folge gehabt, dass zahlreiche Gemeinden, die seit langer Zeit in den betroffenen Wäldern gelebt hätten, ihr Zuhause verlassen mussten, sagen indigene Gruppen.