Außenministerin Baerbock im Irak "Deutschland meint es ernst"
Die Bundesaußenministerin will mit ihrer Reise in den Irak ein Zeichen setzen, um das von Krieg und Terror geschundene Land zu stabilisieren. Die Verbrechen des IS haben die Menschen gezeichnet. Baerbock versucht Mut zu machen.
Annalena Baerbock lässt sich nicht lange bitte. Sie streift ein rotes T-Shirt über, auf dem Rücken steht in weißen Buchstaben "Baerbock". Die deutsche Außenministerin kickt munter los - zusammen mit den "Soccer Girls". Zehn bis 25 Jahre sind die Mädchen und jungen Frauen in den roten und orangefarbenen Fußballtrikots. Die Warteliste für das Team ist lang, denn eine Auszeit vom Alltag im Flüchtlingscamp Qadia ist sehr begehrt.
Mehr als 12.000 Menschen leben in dem Lager in der Region Kurdistan, etwa 20 Kilometer von der Grenze zur Türkei entfernt. Sie sind vor acht Jahren vor der Gewalt der Terrormiliz "Islamischer Staat" geflohen. Die meisten von ihnen sind Jesiden aus der Region Sinjar.
Deutschland finanziert Hilfe für Binnenflüchtlinge
Im Camp Qadia leben die Bewohner in Containern. Das Lager gilt als vergleichsweise gut ausgestattet - und doch fehlt den Menschen hier eine Perspektive. Nichtregierungsorganisationen bieten deshalb Fußball und Selbstverteidigungskurse an, Kunsttherapien und IT-Kurse. Die Bundesregierung unterstützt das finanziell.
Baerbock sagt nach ihrem Rundgang: "Diese Camps dürfen kein Ort der Hoffnungslosigkeit werden." Viele Bewohner würde gerne in ihre Heimat zurückkehren. Das sagen auch die "Soccer Girls". Doch viele Jesidinnen und Jesiden fühlen sich in ihrer Heimat Sinjar nicht sicher genug und sehen keine Perspektive dort. Um das ein wenig zu ändern, ist Baerbock in den Irak gekommen - und sie wird herzlich empfangen.
IS bleibt eine Gefahr für das Land
Der Bundestag hatte die Verbrechen an den Jesiden Mitte Januar einstimmig als Völkermord eingestuft. In Bagdad und Erbil hört Baerbock dafür große Dankbarkeit - so wie für die Hilfszusagen aus Deutschland.
Baerbock betont immer wieder auf dieser Reise: Deutschland wolle helfen. Der Druck auf den sogenannten "Islamischen Staat" müsse aufrechterhalten werden. Die Terrormiliz gilt militärisch als besiegt. Aber einzelne Zellen verüben nach wie vor Anschläge.
Hohe Sicherheitsvorkehrungen für Irak-Reise
Während internationale Fluglinien mit ihren Maschinen täglich Bagdad anfliegen, schwebt die Außenministerin mit einem Militärtransporter vom Typ A400M in die irakische Hauptstadt ein. Die Sicherheitsvorkehrungen sind hoch. Der Konvoi der Ministerin wird aufwändig beschützt.
Etwa 260 Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr sind aktuell im Irak und im benachbarten Jordanien im Einsatz, um den Kampf gegen den IS zu unterstützen und den Irak zu stabilisieren. Baerbock sagte zu, die Ausbildung der Peschmerga-Kämpfer in der Region Kurdistan fortsetzen zu wollen.
Iranische und türkische Angriffe auf irakischem Territorium machen die Lage nicht einfacher. Baerbock spricht in Bagdad von einer "komplizierten Nachbarschaft". Sie ruft dazu auf, die Souveränität des Iraks zu respektieren.
Baerbock will nicht als Besserwisserin ankommen
Bei allen Hilfsangeboten aus Deutschland - Baerbock benutzt nach ihren politischen Gesprächen in Bagdad und Erbil mehrmals die Formulierung: "Aber das wissen Sie viel besser." Die Außenministerin gibt sich große Mühe, nicht als Besserwisserin anzukommen.
Hinter den Zusagen der Unterstützung stecken aber auch handfeste deutsche Interessen: Die Bundesregierung will irreguläre Migration reduzieren, und deutsche Firmen mischen mit beim Wiederaufbau des Landes. Siemens Energy zum Beispiel ist am Ausbau des Stromnetzes beteiligt. Im Beisein der Ministerin werden in Bagdad weitere Vereinbarungen dazu unterschrieben.
Irak leidet unter Klimawandel
Den Irak stabilisieren und für mehr Sicherheit zu sorgen ist nur ein Teil des deutschen Unterstützungsangebots. Ein weiterer: Den Kampf gegen den Klimawandel vorantreiben. Der Irak ist weltweit eines der Länder, das am stärksten unter den Folgen der Klimaveränderung leidet. Das Wasser ist knapp, Dürren setzen der Landwirtschaft zu, die Menschen leiden unter extremer Hitze. Auch hier will Deutschland helfen. Wie - das will die Außenministerin am Ende ihres Besuchs im Irak erklären.
Vier Tage ist sie im Land. Es ist die bisher längste Auslandsreise der Grünen-Politikerin seit Amtsantritt. Schon allein das will Baerbock als Signal verstanden wissen: "Deutschland meint es ernst."