Irak Parlament bestätigt neue Regierung
Nach rund einjährigem politischen Ringen hat der Irak eine neue Regierung. Das Parlament stimmte dem Kabinett des neuen Ministerpräsidenten Sudani zu. Das Land war nach der Wahl von schweren Protesten erschüttert worden.
Rund ein Jahr nach der Parlamentswahl im Irak hat das Parlament des Landes die neue Regierung in einer Vertrauensabstimmung bestätigt - und damit eine monatelange politische Krise beendet.
An der Spitze der neuen Regierung steht Ministerpräsidenten Mohammed Schia al-Sudani. 20 Ministerposten seines Kabinetts sind bereits besetzt, nur noch die Ämter für Umwelt und Wohnungsbau müssen noch vergeben werden.
In einer Rede vor dem Parlament sicherte al-Sudani zu, gegen die "angehäuften Krisen" im Irak vorgehen zu wollen. Den Schwerpunkt setzte der Regierungschef dabei auf die Stärkung der Wirtschaft, das Schaffen neuer Arbeitsplätze und den Kampf gegen Armut. "Wir versprechen unserem großartigen Volk aufrichtig, die größtmögliche Anstrengung für einen Erfolg zu unternehmen", so al-Sudani.
Gleichzeitig steht Sudani vor der Herausforderung, die zerstrittenen schiitischen Fraktionen im Irak zu versöhnen, aber auch die Annäherung an andere politische Lager zu bewältigen - wobei vor allem die Anhänger des einflussreichen Schiitenführers Muktada al-Sadr im Fokus stehen.
Schiitenführer al-Sadr als Wahlgewinner
Die Strömung unter al-Sadr war bei der Parlamentswahl im Oktober 2021 klar stärkste Kraft geworden. Allerdings gelang es al-Sadr nach seinem Wahlsieg nicht, eine Regierung zu bilden. Er weigerte sich, mit den pro-iranischen Parteien zu kooperieren. Über Monate stritten er und der ehemalige Ministerpräsident Nuri al-Maliki darüber, wer den künftigen Regierungschef stellt.
Die Wahlen waren vorgezogen worden, nachdem Massenproteste 2019 die damalige Regierung gestürzt hatten.
Schließlich ordnete al-Sadr den Rückzug aus dem Parlament an, woraufhin es Al-Malikis Verbündeten gelang, ein Bündnis mit kurdischen und sunnitischen Parteien zur Bildung einer Regierung zu schmieden. Das Bündnis stellte al-Sudani als künftigen Ministerpräsidenten auf, allerdings musste zuvor ein Präsident gewählt werden, der den Auftrag zur Bildung einer neuen Regierung erteilen kann. Erst vor rund zwei Wochen wurde Abdel Latif Raschid ins Präsidentenamt gewählt.
Seit der US-geführten Invasion im Irak 2003 und dem Sturz des damaligen Machthabers Saddam Hussein werden die zentralen Ämter im Irak nach einem System aufgeteilt, an dem alle wichtigen politischen Gruppen beteiligt sind. Der Präsident ist immer ein Kurde, der Premier ein Schiit und der Parlamentspräsident ein Sunnit.
Massive Proteste nach al-Sudani-Nominierung
Nach der Nominierung al-Sudanis als möglichen neuen Ministerpräsidenten war es im August bei Protesten zwischen Anhängern von al-Sadr und Sicherheitskräften zu massiven gewaltsamen Ausschreitungen gekommen. Teils besetzten die Protestierenden das Parlamentsgebäude in Bagdad. Das Zentrum der Stadt, die sogenannte Grüne Zone, wurde sogar von Raketen beschossen. Zahlen des irakischen Gesundheitsministeriums zufolge kamen mindestens 25 Menschen bei den Zusammenstößen ums Leben, Hunderte wurden demnach verletzt.
Schließlich rief al-Sadr selbst dazu auf, den Protest und die damit verbundene Gewalt zu beenden. Er verweigerte jedoch, sich an einer neuen Regierung zu beteiligen. Es ist das erste Mal seit rund 20 Jahren, dass der Irak von einer Regierung ohne Beteiligung seines Lagers geführt wird.