Turnierende in Katar Was bleibt von der WM?
Nach dem Ende der Fußball-WM haben die Organisatoren zumindest eines ihrer Ziele erreicht: Ihr Land erfuhr maximale Aufmerksamkeit. Wenn auch nicht immer so, wie sie es erhofft haben.
Glücklich sieht anders aus: Wenn Maha Abdulaziz über die Fußball-Weltmeisterschaft spricht, dann schwingt ein bisschen Trauer mit. Denn für die junge Katarerin geht mit dem Turnier eine ganze Ära zu Ende. "Ich war wahrscheinlich vier oder fünf, als der Austragungsort für die WM verkündet wurde", erzählt die 16-Jährige. "Ich kann mich nicht daran erinnern, dass die WM keine Rolle gespielt hat in meinem Leben."
Nach jahrelanger Planung, Investitionen in gigantischer Höhe und einem beispiellosen Bauboom in Katar reisten Anfang November die ersten Fans an, bald darauf füllte sich die Hauptstadt Doha spürbar mit Gästen aus dem Ausland. Eine WM mitten in der Wüste? Nicht einmal in Katar seien alle von der Idee überzeugt gewesen, erzählt Maha. "Vor Beginn der WM waren die Leute sich nicht ganz sicher, wie es werden würde. Aber als es dann losging, waren alle total glücklich."
Maximale Aufmerksamkeit
Mehr als 765.000 Besucher aus dem Ausland kamen zur WM nach Katar - trotz der anhaltenden Kritik vor allem aus westlichen Ländern an den Menschenrechtsverletzungen und der Diskriminierung von Minderheiten im Emirat. Das waren weniger Gäste als erwartet. Doch fast alles andere lief nach Plan: gut gefüllte Stadien, kein Verkehrschaos - und maximale Aufmerksamkeit für das Emirat.
"Wir sind sehr stolz drauf, dass Katar das erste arabische Land ist, das eine Fußball-WM ausgerichtet hat", sagt Hamad Ali Jarhab. "Außerdem war uns in Katar wichtig, die Vorurteile gegen die arabische Welt zu berichtigen." Der hohe Beamte im katarischen Staat wertet die WM als vollen Erfolg für Katar: Schließlich sei das Land nun auf der ganzen Welt bekannt. Maximale Aufmerksamkeit - das war das wichtigste Ziel des kleinen Emirats am Persischen Golf. Katars größte Sorge ist, vom großen Nachbarn Saudi-Arabien überrannt zu werden - ähnlich wie Kuwait 1990 vom Irak.
Gemischte Bilanz bei Fans
Auch Fans aus anderen Teilen der Welt äußern sich zufrieden mit dem Turnier. "Katar ist ein wunderschönes Land", sagt Oswaldo Bangrazio aus Uruguay. "Die Leute sind sehr höflich. Ich bin sehr zufrieden mit der Organisation und allem."
Hisham Al-Saidi aus Marokko sieht das anders. Er lobt zwar auch die gute Organisation und die Sicherheit im Land. Aber die Preise seien viel zu hoch, kritisiert er: "Außer den öffentlichen Verkehrsmitteln ist hier alles sehr teuer: das Essen, die Unterkunft und die Tickets für die Spiele. Ich habe sie auf dem Schwarzmarkt gekauft. Jedes der vier Tickets hat 700 Euro gekostet. Dabei gab es ein Monopol und Korruption."
Der 34-Jährige ist eigens für das Spiel um Platz 3 zwischen Kroatien und Marokko nach Katar gereist. Dass die marokkanische Nationalelf das Halbfinale erreichte, führte nicht nur bei den Nordafrikanern, sondern bei anderen arabischen Fans zu Freudentänzen: "Alle feiern, als sei es ihr Sieg, als sei es ihr Team", sagt Omar Saad. "Die Fußball-WM hat die ganze Welt zusammengebracht - zumindest die arabische Welt."
Arabische Länder begeistert
Hinter der palästinensischen Flagge, die trotz des FIFA-Verbots für politische Statements und Symbole überall in den Stadien zu sehen war, versammelten sich vor allem Fans aus arabischen Ländern, die sich vom Westen belehrt und bevormundet fühlen.
Marokko trug mit seinen Siegen über Spanien und Portugal dazu bei, dass sich alle arabischen Länder nun ein bisschen wie Sieger fühlen. Das unterscheidet die WM in Katar von allen Weltmeisterschaften bislang - und macht sie zumindest in den Augen vieler arabischer Fans zur besten WM aller Zeiten.
Schwierige Rückkehr in den Alltag
Omar Saad lebt seit acht Jahren in Katar. Der Engländer mit jemenitischen Wurzeln hatte eigentlich nur zwei oder drei Jahre bleiben wollen. Doch die WM hat dazu beigetragen, dass er seinen Vertrag immer wieder verlängerte. Jetzt will Omar sich ein neues Ziel suchen.
Katar in Katerstimmung? Eindeutig, sagt die 16-jährige Maha: "Wenn man sieht, wie anders Katar war mit all den Menschen, all den Kulturen, mit all den Feiern - dann macht uns die Tatsache, dass wir jetzt alle wieder zurück müssen in unser normales Leben, ganz schön traurig."