Israelische Soldaten vor einem Hubschrauber

Krieg im Nahen Osten Drohende Eskalation zwischen Israel und der Hisbollah

Stand: 19.09.2024 13:37 Uhr

Nach den massenhaften Explosionen von Funkgeräten im Libanon scheint die Lage in Nahost zu eskalieren. Israel und die Hisbollah melden gegenseitigen Beschuss. Gleichzeitig legte Israel einen neuen Plan für ein Geiselabkommen vor.

Der Konflikt zwischen Israel und der proiranischen Hisbollah im Libanon spitzt sich weiter zu. In der Nacht hat Israels Militär nach eigenen Angaben mehrere Stellungen der Miliz im Süden des Libanon mit Kampfjets und Artillerie angegriffen. Es meldet Treffer in mehreren Ortschaften, darunter ein Waffenlager der Hisbollah.

In Nordisrael wiederum sind nach israelischen Medienberichten bei Raketenbeschuss mindestens acht Menschen verletzt worden. Eine Person sei schwer verletzt, berichteten mehrere Medien übereinstimmend. Zwei weitere Verletzte habe es zudem bei einem Drohnenangriff aus dem Libanon im Nordwesten Israels gegeben, meldeten mehrere israelische Medien übereinstimmend.

Die Hisbollah wiederum reklamierte einen Angriff auf einen Posten der israelischen Armee für sich. Dabei habe es Opfer gegeben, teilte die Miliz mit.

Explodierende Pager und Walkie-Talkies

Die gegenseitigen Angriffe finden vor dem Hintergrund der jüngsten Ereignisse im Libanon statt. Dort waren am Dienstag Tausende Funkempfänger, sogenannte Pager, explodiert. Einen Tag später detonierten Hunderte Walkie-Talkies. Dabei kamen offiziellen Angaben zufolge mindestens 37 Menschen ums Leben, fast 3.000 wurden verletzt.

In libanesischen Sicherheitskreisen wird der israelische Auslandsgeheimdienst Mossad für die Vorfälle verantwortlich gemacht. Die Hisbollah drohte Israel Vergeltung an. Von israelischer Seite liegt bislang keine offizielle Stellungnahme dazu vor.

Sicherheitskreisen zufolge hatte die Hisbollah die Walkie-Talkies vor fünf Monaten gekauft - etwa zur selben Zeit wie die Pager. Warum genau die Geräte explodierten, ist noch nicht geklärt. US-Medien vermuteten, dass der Mossad sie mit Sprengstoff bestückt hat.

Die Pager stammten laut dem taiwanischen Unternehmen Gold Apollo von einer in Ungarn ansässigen Firma, welche sie in Lizenz herstellte. Der Hersteller der Walkie-Talkies, das japanische Telekommunikationsunternehmen ICOM, erklärte indes, die entsprechenden Geräte würden seit zehn Jahren nicht mehr produziert. In der Vergangenheit hatte ICOM davor gewarnt, dass Produktfälschungen auf dem Markt kursierten, insbesondere von eingestellten Modellen.

Stellungnahme von Hisbollah-Chef erwartet

Die israelische Regierung hatte bereits am Montag die Ausweitung ihrer Ziele auf die Hisbollah im Libanon angekündigt. Am Mittwoch erklärte Verteidigungsminister Yoav Gallant, der Schwerpunkt des Krieges verschiebe sich für Israel Richtung Norden. Ressourcen würden dieser Front zugewiesen, Israel stehe am Beginn einer neuen Phase des Krieges, betonte Gallant. Die pro-iranische Hisbollah-Miliz hat für Donnerstag eine Stellungnahme ihres Chefs Hassan Nasrallah angekündigt.

Am Abend befassen sich ranghohe Diplomaten der USA, Großbritanniens, Deutschlands, Frankreichs und Italiens in Paris mit dem Thema, gleichzeitig tagt der UN-Sicherheitsrat in New York.

Karte: Gazastreifen, dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Dunkle Flächen: besiedelte Gebiete, Schraffur: militärische Aktivitäten Israels

Offenbar neuer Entwurf für Geiselabkommen

Israel legte einem Medienbericht zufolge einen neuen Entwurf für ein Abkommen mit der Hamas über eine Waffenpause und die Freilassung der verbliebenen Geiseln vor. Der Plan sehe unter anderem vor, dass der Hamas-Anführer im Gazastreifen, Jihia al-Sinwar, das Gebiet unbehelligt verlassen darf, wie der israelische Sender Kan berichtete. Im Gegenzug sollen alle von der Hamas festgehaltenen, aus Israel am 7. Oktober 2023 entführten Menschen auf einmal freigelassen werden. Nach israelischen Informationen befinden sich noch rund 100 Geiseln in der Gewalt der Hamas.

Bei den Verhandlungen war bislang geplant gewesen, die Geiseln in mehreren Phasen freizubekommen. Neben Sinwar soll dem Bericht zufolge auch weiteren hochrangigen Hamas-Mitgliedern freies Geleit aus dem Gazastreifen zugesichert werden. Wohin genau sie sich absetzen sollen, wurde zunächst nicht mitgeteilt. Der Plan beinhaltet Medien zufolge auch ein Ende des Krieges sowie eine neue Regierung anstelle der Hamas.

Teil des Deals ist demnach weiterhin auch die Entlassung palästinensischer Häftlinge aus israelischen Gefängnissen. Israel habe den Vorschlag den USA, die neben Ägypten und Katar zwischen Israel und der Hamas vermitteln, unterbreitet. Eine Reaktion der Hamas gibt es bislang nicht. Nach israelischen Informationen befinden sich noch rund 100 Menschen in der Gewalt der Hamas. Unklar ist, wie viele von ihnen noch leben.

Anna Osius, ARD Kairo, tagesschau, 19.09.2024 02:00 Uhr

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 19. September 2024 um 12:00 Uhr.