Lage in Nahost Jüdisches Fest im Zeichen des Krieges
Israels Premier Netanyahu hat weitere schwere Schläge gegen die Hamas angekündigt - im Krieg in Nahost ist also keine Entspannung in Sicht. Auch nicht zu Beginn des jüdischen Pessachfests.
Mütter beugen sich weinend über ihre toten Kinder am Boden. Ein Mann mit Gummihandschuhen schließt die Reißverschlüsse der Leichensäcke. Wieder hat es viele Opfer gegeben bei mutmaßlichen Luftangriffen der israelischen Armee im Gazastreifen. In Rafah im Süden Gazas seien Wohnhäuser getroffen worden. Mehr als 30 Tote habe es in einer Nacht gegeben, die meisten von ihnen sollen Kinder sein, so das Gesundheitsministerium in Gaza, das von der Terrororganisation Hamas geführt wird.
Umm Kareem hat eine Atemmaske vor dem Gesicht. Unter Tränen erzählt sie, sie sei mit einigen der Kinder verwandt: "Diese Kinder haben geschlafen. Was haben sie getan? War das ihre Schuld? Eine andere Frau war 80 Jahre alt. Was hat sie getan? Hat sie Raketen abgefeuert? Wir können uns nur bei Gott beklagen!"
Netanyahu will Druck auf Hamas erhöhen
Fast täglich fliegt die israelische Armee Luftangriffe unter anderem auf die Stadt Rafah, in der sich laut UN mehr als eine Million Menschen aufhalten und Schutz vor dem Krieg suchen. Sicher sind sie hier nicht. Der Generalstabschef der israelischen Armee, Herzi Halevi, kündigte an, mit einer Evakuierung Rafahs sei in Kürze zu rechnen. Noch immer vermutet die israelische Armee dort vier Hamas-Bataillone.
Zu Beginn des Pessachfestes, eines der wichtigsten Feste in Israel, schwor Premierminister Benjamin Netanyahu das Land auf weitere Militäreinsätze in Gaza ein. Die Hamas habe alle Angebote Israels zur Freilassung der Geiseln abgelehnt, so der Premier: "Deshalb werden wir der Hamas zusätzliche und schmerzhafte Schläge versetzen. Das wird bald geschehen. In den kommenden Tagen werden wir unseren militärischen und politischen Druck auf die Hamas erhöhen, weil das der einzige Weg ist, unsere Geiseln zu befreien und den Krieg zu gewinnen."
Dass die Politik des Drucks bislang nicht gewirkt hat und Netanyahu nicht eines seiner Kriegsziele erreicht hat, werfen ihm die Angehörigen der Geiseln in Israel und ihre Unterstützer vor. Auf dem zentralen Platz zur Erinnerung an die Geiseln in Tel Aviv versammelten sich Angehörige der Geiseln um einen gedeckten Tisch, an dem keiner sitzt.
133 leere Stühle - Sie stehen für die Geiseln, die seit dem 7. Oktober von der Hamas festgehalten werden.
Leere Stühle stehen für Geiseln der Hamas
Symbolisch wollen sie so auf die 133 Menschen aufmerksam machen, die noch von der Hamas gefangen gehalten werden, sagt Dalit Shtivi. Ihr 28 Jahre alter Sohn Idan war Fotograf auf dem Novafestival und wurde von der Hamas verschleppt: "Ich kann mir nicht vorstellen, unseren Feiertag, an dem es um die Freiheit unseres Landes geht, ohne meinen Sohn zu feiern. Es ist so hart. Ich kann den Schmerz nicht beschreiben. Ich bitte und bettele, es soll eine Vereinbarung geben, so dass er noch heute Nacht zurückkommen kann."
Doch die Realität sieht anders aus. Israelische Medien berichten, dass die Behörden befürchten, dass von den 133 israelischen Bürgern, die in Gaza vermutet werden, nicht mehr als 40 noch am Leben sind.
Unterdessen gehen die Kämpfe nicht nur in Gaza, sondern auch im Norden an der Grenze zum Libanon mit der proiranischen Hisbollahmiliz weiter. Auch im Westjordanland hat es am Wochenende mehrere Terroranschläge gegeben. Bei einer Razzia der Armee sollen Behördenangaben zufolge mindestens 14 Menschen, darunter Terroristen, aber auch Zivilisten, ums Leben gekommen sein.