Irakische Stadt restauriert Mossul steht wieder
80 Prozent der Altstadt von Mossul hatte der IS zerstört. Nach dem Sieg über die Terrormiliz und Jahren des Wiederaufbaus erstrahlt die Stadt nun wieder in altem Glanz. UNESCO-Chefin Azoulay sprach von einem Symbol für die ganze Region.
Nach jahrelangen Arbeiten sind die von der Terrororganisation "Islamischer Staat" (IS) zerstörten Kulturstätten im irakischen Mossul fertig restauriert. Die UN-Kulturorganisation UNESCO hatte seit 2018 mit Hilfe von Partnern rund 110 Millionen Euro in die Restaurierung historischer Stätten und die Kultur in der Millionenstadt investiert. Den Großteil der Arbeiten finanzierten die Vereinigten Arabischen Emirate und die Europäische Union.
Die UNESCO hatte den Wiederaufbau unter das Motto "Den Geist von Mossul wiederbeleben" gestellt. Zum Abschluss des Wiederaufbaus besuchte nun UNESCO-Generaldirektorin Audrey Azoulay die wieder aufgebaute Al-Nuri-Moschee mit dem dazugehörenden Al-Hadba-Minarett, die Al-Tahira-Kirche sowie die Kirche Unserer Lieben Frau in der zweitgrößten irakischen Stadt.
"Erholt von einer Krise, die viele für unüberwindbar hielten"
"Die Wiederbelebung von Mossul ist ein Gründungsakt, ein Symbol für den gesamten Irak und sogar darüber hinaus", sagte Azoulay. "Hier haben wir gezeigt, welche Kraft das Erbe, die Kultur und die Bildung haben, um sich von einer Krise zu erholen, die viele für unüberwindbar hielten." Der IS habe versucht, die vielfältige Lebensweise in Mossul zu zerstören. "Aber in dieser Stadt war der Geist der Offenheit der Menschen stärker als jede Form des Extremismus. Und jetzt ist Mossul wieder lebendig."
Als die Wiederaufbauteams 2018 in der Stadt eintrafen, hätten sie ein Trümmerfeld vorgefunden, berichtete Azoulay. 80 Prozent der Altstadt seien zerstört worden. 115 Sprengsätze seien entschärft, 12.000 Tonnen Schutt entfernt und fast 9.000 historische Fragmente gesammelt, gereinigt und zur Wiederverwendung sortiert worden.
Mossul nach der Zerstörung durch den IS - zu sehen ist ein irakischer Soldat im September 2017 vor der Al-Nuri-Moschee.
IS wollte Zeugnisse des "Unglaubens" zerstören
Mossul war die größte Stadt, die der IS bei seinem Eroberungszug 2014 unter seine Kontrolle brachte. Die Terrormiliz kontrollierte große Gebiete im Irak und in Syrien und zerstörte in beiden Ländern zahlreiche archäologische Stätten. Mit Planierraupen und Sprengstoff zertrümmerten die Extremisten kulturelle Schätze aus vorislamischer Zeit, die sie Zeugnisse des "Unglaubens" nannten.
Für ihre Propaganda veröffentlichten die Extremisten Videos, wie sie Artefakte etwa im Museum von Mossul mit Vorschlaghämmern zertrümmern, um international Aufmerksamkeit zu erhalten und womöglich auch neue Anhänger anzuwerben. Gleichzeitig beteiligte sich der IS am illegalen Handel mit geplünderten Kulturschätzen - der im Irak und Syrien aber auch schon vor der IS-Herrschaft florierte.
"Wiederaufbau wichtiges Mittel gegen Terrorismus"
"Der IS versuchte, die Geschichte der Stadt auszuradieren und mit ihrer eigenen Erzählung zu ersetzen, die ihre extremistische Ideologie verherrlichte und alle anderen verteufelte", schreibt der aus Mossul stammende Historiker Omar Mohammed, der an George Washington University in den USA zum Thema forscht. Der IS habe "ein unbeschriebenes Blatt" schaffen wollen. Er sieht den Wiederaufbau kultureller Stätten als wichtiges Mittel im Kampf gegen Terrorismus, um Frieden und Toleranz zu fördern.
Die Bedeutung der kulturellen Stätten in der Region, die als Wiege der Zivilisation gilt, ist kaum zu bemessen. Dazu zählen im heutigen Irak die rund 2.000 Jahre alte antike Wüstenstadt Hatra, die zum UNESCO-Weltkulturerbe zählt, die ehemalige Königsstadt Nimrud südlich von Mossul, in der der IS einen etwa 3.000 Jahre alten assyrischen Palast sprengte sowie die Moschee über dem Grab des biblischen Propheten Jona. In Syrien fiel unter anderem der rund 2.000 Jahre alte Baal-Tempel im UNESCO-Weltkulturerbe Palmyra dem IS zum Opfer.
Offizielle Einweihung durch Iraks Ministerpräsident
Zwischen 2016 und 2017 eroberten irakische Kräfte Mossul mit Unterstützung der internationalen Koalition zurück. Der IS gilt heute als militärisch besiegt, ist aber weiter mit etwa 2.000 bis 3.000 Kämpfern aktiv und verübt Anschläge.
Die offizielle Einweihung der restaurierten Stätten in Mossul soll an einem späteren Zeitpunkt durch den irakischen Ministerpräsidenten Mohammed al-Sudani stattfinden.