Parlamentswahl in Pakistan Sharif und Khan ringen um den Sieg
Bei der Parlamentswahl in Pakistan hat Ex-Premier Sharif mit seiner Partei PML-N die Mehrheit verfehlt. Unabhängige Kandidaten, die dem inhaftierten Ex-Premier Khan nahe stehen, liegen vorn. Sharif und Khan sehen sich beide als Sieger.
Von seinen Anhängern ließ der Konservative Nawaz Sharif sich gestern Abend schon als Sieger feiern. Vor der Wahl galt er noch als Favorit, versprach die Mehrheit zu holen. Doch nach den jüngsten Ergebnissen hat seine Partei, die Muslimliga, nicht die meisten Sitze.
So änderte Sharif gestern seine Taktik: "Es wäre ein sehr glücklicher Moment gewesen, wenn wir die Mehrheitspartei geworden wären und die Regierung hätten bilden können. (…) aber da wir keine ausreichende Mehrheit haben, um allein eine Regierung zu bilden, werden wir Verbündete einladen, sich uns anzuschließen, und wir bilden eine gemeinsame Regierung."
Man werde jetzt Koalitionsgespräche führen mit der pakistanischen Volkspartei des früheren Außenministers Bilawal Bhutto Zardari. Sharif hat das Land schon dreimal als Premierminister geführt, zuletzt bis 2017. Später ging er ins Exil nach London, um einer Haftstrafe wegen Korruption zu entgehen. Erst im vergangenen Jahr kehrte er zurück. Die Urteile gegen ihn wurden aufgehoben.
Anhänger von Khan liegen vorn
Sharifs Anhänger zündeten ein Feuerwerk. Ein junger Mann sagte der Nachrichtenagentur Reuters: "Wir sind sehr froh, dass Nawaz Sharif in das Land zurückgekehrt ist. Jetzt ist er mit seinen Stimmen wieder an die Macht gekommen, und wir haben große Erwartungen an ihn. Wir hoffen, dass er unseren Erwartungen gerecht wird und Pakistan wieder auf dem Weg des Fortschritts ist."
Doch auch am zweiten Tag nach der Wahl ist das finale Ergebnis noch nicht bekannt. Die Wahlkommission hatte behauptet, es habe Probleme mit dem Internet gegeben. Das Erstaunliche an den jüngsten Hochrechnungen: die Anhänger des inhaftierten Ex-Premiers Imran Khan liegen klar vorne - vor Sharif und Zardari. Doch da Khans Partei von der Wahl ausgeschlossen worden war, mussten seine Kandidaten als Unabhängige antreten.
"Kein Pakistaner wird das akzeptieren"
Und trotzdem sieht Khan sich und seine Kandidaten als Sieger der Wahl: Am späten Abend veröffentlichte seine Partei eine Botschaft von ihm aus dem Gefängnis. Mit Hilfe von künstlicher Intelligenz wurde seine Stimme nachgeahmt und über die sozialen Medien verbreitet: "Ich gratuliere jedem Einzelnen von Ihnen zum Sieg der Wahl 2024. Ich hatte volles Vertrauen in Sie, dass Sie zur Wahl gehen würden. Sie alle haben meinen Wunsch erfüllt, und Ihre massive Wahlbeteiligung hat alle schockiert... Nawaz Sharif ist ein unbedeutender Mensch, der eine Siegesrede gehalten hat, obwohl er nach den offiziellen Ergebnissen zurücklag. Kein Pakistaner wird das akzeptieren."
Trotz aller Hindernisse habe seine Partei die Wahl gewonnen, und nichts könne den Sieg aufhalten. Jeder sei Zeuge geworden, wie mächtig die Wähler seien. Am Ende rief Khan seine Anhänger auf: zeigt Eure Stärke, um Eure Stimme zu schützen.
Verdacht der Wahlmanipulation
In Peshawar im Nordwesten von Pakistan hatten Khans Anhänger gestern bereits protestiert. Die Rede war von Wahlmanipulation. Einige behaupten, Wahlzettel seien gefälscht worden. Seit dem vergangenen Jahr ist Khan inhaftiert, unter anderem wegen Korruption. Kurz vor der Wahl wurde er nochmal zu zusätzlich drei Haftstrafen verurteilt. Gerade bei jüngeren Pakistanern ist der ehemalige Cricket-Star sehr beliebt.
Ein Student äußerte sich enttäuscht über die Wahl: "Unserer Ansicht nach hat Sharif nicht gewonnen, weil Khan im Gefängnis sitzt. Eine echte Wahl kann nur stattfinden, wenn Khan herauskommt. Dies kann nicht als Wahl bezeichnet werden. Alle unabhängigen Kandidaten, die Khans Partei angehören, haben umsonst gewonnen. Dies war eine einseitige Wahl, aber Khan hat gewonnen. Er sollte freigelassen werden."
Noch steht das finale Wahlergebnis nicht fest. Beobachter befürchten unruhige Zeiten für Pakistan.