Demonstranten in Myanmars Hauptstadt Naypyitaw

Nach Putsch in Myanmar Weitere Proteste trotz Militärgewalt

Stand: 10.02.2021 10:24 Uhr

In Myanmar haben den fünften Tag in Folge Hunderttausende Menschen gegen die Militärjunta demonstriert. Polizei und Militär haben mit zunehmender Härte reagiert und erneut Gummigeschosse eingesetzt. Dabei gab es mehrere Verletzte.

In Myanmar geht der Widerstand gegen die Militärjunta ungeachtet des gewaltsamen Vorgehens der Streitkräfte gegen die Demonstranten weiter. In der Hauptstadt Naypyitaw haben sich neben Ärzten, Lehrern und Bahnarbeitern auch Hunderte Regierungsangestellte den Protesten gegen die Militärs angeschlossen. Auch in der Wirtschaftsmetropole Yangon und in Mandalay nahmen mehrere Hundert Menschen an Demonstrationen teil.

Ununterbrochen sorgte das Scheppern von Töpfen und Pfannendeckeln für nächtlichen Lärm. Viele hatten Kerzen in die Fenster gestellt, für die Studentin, die gestern in Naypyida von einem Projektil in den Kopf getroffen wurde und nun in kritischem Zustand in einer Klinik liegt. Ein Arzt des behandelnden Krankenhauses in Naypyitaw erklärte, dass sie voraussichtlich nicht überleben werde.

"Wir können nicht ruhig bleiben," sagte die Jugendaktivistin Esther Ze Naw der Nachrichtenagentur Reuters. "Wenn während unserer friedlichen Proteste Blut vergossen wird, dann wird es noch mehr geben, wenn wir ihnen erlauben, das Land zu übernehmen", so die Aktivistin.

Viele Verletzte Demonstranten

Auch in Yangon fuhren die ganze Nacht schwere Armeelaster kreuz und quer durch die Straßen. Dabei setzte die Polizei erneut Gummigeschosse gegen die Hunderttausenden ein, die in den Städten des Landes protestieren. Viele wurden verletzt - Fotos in sozialen Medien zeigen blutende Demonstranten. Zahlreiche Protestierende wurden auch festgenommen.

Während Polizei und Militär mit zunehmender Härte gegen die Demonstranten vorgehen, wurden die Kundgebungen am fünften Tag der Proteste immer kreativer. So marschierten in Yangon mehr als 100 Frauen in bunten Abendkleidern durch die Straßen und forderten die Freilassung der festgesetzten Regierungschefin Aung San Suu Kyi. "Wir wollen zeigen, dass junge Frauen auch an den Protesten teilnehmen. Wir dachten, diese Outfits wären der offensichtlichste Weg, dies zu tun", zitierte das Portal "Frontier Myanmar" eine Demonstrantin.

Frauen demonstrieren in bunten Kleindern in Yangon in Myanmar.

In Yangon demonstrierten Frauen in bunten Abendkleidern und forderten die Freilassung der festgesetzten Regierungschefin Aung San Suu Kyi.

Demonstranten fordern Abschaffung der Verfassung

Das einflussreiche Militär hatte am 1. Februar geputscht. An diesem Tag hätte das im November gewählte Parlament zu seiner ersten Sitzung zusammenkommen sollen. Das Militär hat das Wahlergebnis, nach dem die Nationale Liga für Demokratie (NLD) der De-facto-Regierungschefin Aung San Suu Kyi gewonnen hatte, nicht akzeptiert. Mit dem Putsch wurde der erst vor wenigen Jahren eingeleitete Demokratisierungsprozess gestoppt.

Seit Montagabend gelten in stark von Protesten betroffenen Gegenden Ausgangssperren zwischen 20 und 4 Uhr sowie ein Versammlungsverbot von mehr als fünf Menschen.

Der Umsturz und Aung San Suu Kyis Festnahme lösten die größten Proteste seit mehr als einem Jahrzehnt aus. Die Demonstranten fordern die Abschaffung der Verfassung von 2008 an, die unter der Aufsicht des Militärs ausgearbeitet wurde. Demnach hat das Militär ein Vetorecht im Parlament und stellt mehrere Ministerien.


Mit Informationen von Holger Senzel, ARD-Studio Singapur

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Bayern 2 am 10. Februar 2021 um 06:00 Uhr.