Reaktion auf Tötung Hanijas Iran droht Israel mit "harter Bestrafung"
Die offenbar gezielte Tötung des Hamas-Führers Hanija in Teheran hat scharfe Reaktionen ausgelöst. Der Iran drohte Israel. Russland sprach von einem "politischen Mord". Auch aus China und der Türkei kamen Vorwürfe gegen Israel.
Zahlreiche Staaten haben die Tötung des politischen Führers der militant-islamistischen Hamas, Ismail Hanija, scharf verurteilt. Der Iran drohte Israel. "Das kriminelle zionistische Regime (Israel) hat unseren Gast in unserem Haus ermordet", wurde der oberste Führer des Irans, Ajatollah Ali Chamenei, auf seiner Website zitiert. "Es wird eine harte Bestrafung geben." Chamenei sagte demnach mit Blick auf Hanija weiter, das ganze Land trauere um einen mutigen und heiligen Krieger.
Auch der iranische Präsident Massud Peseschkian drohte mit Vergeltung. Die Islamische Republik Iran werde ihre "territoriale Integrität" verteidigen und "die terroristischen Eindringlinge ihre feige Tat bereuen lassen", schrieb er auf der Plattform X.
Erst gestern sollen sich Ajatollah Ali Chamenei (rechts) und Ismail Hanija (Mitte) in Teheran getroffen haben.
Haus der Revolutionsgarden?
Hanija habe vor seinem Tod an der Zeremonie zur Vereidigung des neuen iranischen Präsidenten Peseschkian teilgenommen, teilte die Hamas auf ihrem Telegram-Kanal mit. Laut ARD-Korrespondent Markus Rosch ist das Haus, in dem Hanija ums Leben gekommen sein soll, offenbar Eigentum der Iranischen Revolutionsgarden.
Auch die militant-islamistische Palästinenserorganisation macht Israel für dessen Tötung verantwortlich. Die sogenannten Kassam-Brigaden, die als militärischer Flügel der Hamas gelten, drohten auf Telegram: "Dieses reine Blut wird sicherlich nicht umsonst geflossen sein." Der Anschlag, wie es hieß, werde große Auswirkungen auf die gesamte Region haben - und Israel den Preis für die Tat bezahlen.
Israel hat sich bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert.
"Inakzeptabler politischer Mord"
Russland sprach von einem "absolut inakzeptablen politischen Mord, der zu einer weiteren Eskalation der Spannungen führen wird". Dies werde auch negative Auswirkungen auf die Verhandlungen über eine Waffenruhe im Gazastreifen haben, sagte der stellvertretende Außenminister Michail Bogdanow der staatlichen russischen Nachrichtenagentur RIA zufolge.
China verurteilte den Vorfall ebenfalls und forderte erneut einen Waffenstillstand in der Region. "Wir sind äußerst besorgt über den Vorfall, lehnen die Ermordung entschieden ab und verurteilen sie", sagte ein Sprecher des Pekinger Außenministeriums. China sei tief besorgt, dass der tödliche Angriff auf Ismail Hanija zu weiterer Instabilität in der Region führen könnte.
Die Türkei warf Israel vor, den Krieg in der Region ausweiten zu wollen. Es habe sich erneut gezeigt, dass die Regierung von Israels Premier Benjamin Netanyahu keine Absicht habe, den Frieden zu erreichen, teilte das türkische Außenministerium mit.
Präsident Recep Tayyip Erdogan schrieb auf X von einem "hinterhältigen" Anschlag auf seinen "Bruder" Hanija. In einer Mitteilung des türkischen Außenministeriums hieß es zudem, mit dem "niederträchtigen" Anschlag verfolge Israel das Ziel, den Gaza-Krieg auf die gesamte Region auszuweiten.
Die Türkei unterhält Beziehungen zur Hamas. Erst im April traf Erdogan Hanija in Istanbul. Erdogan hatte das Massaker vom 7. Oktober zwar verurteilt, die Hamas aber später wiederholt als Befreiungsorganisation bezeichnet. Das Verhältnis zwischen Israel und der Türkei verschlechterte sich seitdem massiv.
Was wird aus den Geisel-Verhandlungen?
Auch das Außenministerium von Katar sprach von einer gefährlichen Eskalation. Das Land versucht seit Monaten - gemeinsam mit Ägypten - eine Waffenruhe zwischen Israel und der militant-islamistischen Hamas sowie eine Freilassung der verbleibenden israelischen Geiseln zu vermitteln.
Abbas verurteilt "feigen Akt"
Palästinenserpräsident Mahmud Abbas verurteilte den Fall in einer Stellungnahme als "feigen Akt". Der Leiter der palästinensischen Autonomiebehörde sprach von einer "gefährlichen Entwicklung".
Der Generalsekretär der Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO), Hussein Al-Scheik, schrieb auf X, seine Organisation verurteile "den Mord an dem nationalen Führer" Hanija. Er sprach von der Notwendigkeit der Einigung der verschiedenen palästinensischen Gruppen und Fraktionen.
Ein Bündnis der verschiedenen politischen Gruppen im Westjordanland rief der Nachrichtenagentur dpa zufolge als Reaktion auf den Tod Hanijas zu einem Generalstreik auf. Außerdem solle an Kontrollpunkten die Konfrontation mit israelischen Soldaten gesucht werden, hieß es. Ob es sich dabei um Demonstrationen oder Angriffe handeln sollte, blieb unklar.
Genugtuung in Israel
Offizielle Stellungnahmen der israelischen Regierung oder des Militärs gibt es bislang nicht. Zwei israelische Minister allerdings reagierten mit Genugtuung. Israels Minister für das Kulturerbe, Amichai Elijahu, postete auf X: "Hanijas Tod macht die Welt ein bisschen besser".
Der Minister für Diaspora-Angelegenheiten, Amichai Chikli, veröffentlichte ein Bild Hanijas bei einer Versammlung, auf der der "Tod Israels" gefordert worden war. "Sei vorsichtig, was du dir wünschst", schrieb er als Kommentar.
Auch Huthi und Islamischer Dschihad äußern sich
Die Huthi-Miliz im Jemen sprach von einem "abscheulichen terroristischen Verbrechen". Es handele sich um "eine eklatante Verletzung von Gesetzen und ideellen Werten", schrieb Mohammed Ali al-Huthi, Mitglied des Huthi-Politbüros, bei X.
Die palästinensische Terrororganisation Islamischer Dschihad sprach von einem "abscheulichen Mord". In einer Stellungnahme heißt es, Hanija sei ein "Symbol des Widerstands" und ein großer nationaler Anführer. Sein Tod werde das palästinensische Volk nicht von seinem anhaltenden Widerstand abhalten.