Zwischenfall in Straße von Taiwan "Sie sind hier, um zu provozieren"
Im Streit um Chinas Machtanspruch auf Taiwan hat Peking die USA vor einer Einmischung gewarnt. Zuvor hatte ein chinesisches Kriegsschiff in der Straße von Taiwan einen US-Zerstörer abgedrängt. Peking spricht von Provokation.
In der Straße von Taiwan gab es einen Zwischenfall zwischen einem chinesischen und US-amerikanischen Kriegsschiff. Ein chinesisches Marineschiff habe sich auf "unsichere Weise" dem US-Zerstörer "USS Chung-Hoon" genähert, erklärte die US-Armee am Samstag. Das chinesische Schiff habe den US-Zerstörer im Abstand von nur rund 140 Metern überholt und dann in kurzer Entfernung gewendet, wie das US-Kommando für den Indopazifik mitteilte.
Die US-Armee führte aus, die "USS Chung-Hoon" habe daraufhin ihren Kurs beibehalten, aber ihr Tempo gedrosselt, "um eine Kollision zu vermeiden". Das Schiff hatte die Straße von Taiwan mit einer kanadischen Fregatte durchfahren.
China: Patrouillen sind Provokation
Chinas Verteidigungsminister Li Shangfu verteidigte das Vorgehen der chinesischen Seite und machte die USA und ihre Verbündeten für den Zwischenfall verantwortlich. Diese sollten auf ihre eigenen Gewässer und ihren eigenen Luftraum achten, sagte er bei der internationalen Sicherheitskonferenz Shangri-La-Dialog in Singapur. Die Länder sollten fremdes Territorium nicht abriegeln und sich um ihre eigenen Angelegenheiten kümmern. Er sehe viele Schiffe und Kampfjets, die China nahe kämen. "Sie sind nicht hier für eine friedliche Durchfahrt. Sie sind hier, um zu provozieren", fügte er hinzu.
US-Schiffe passieren regelmäßig die Meerenge zwischen China und Taiwan, tun dies aber selten in Begleitung eines Schiffes von Verbündeten. Die Spannungen zwischen China und den USA wegen der Taiwan-Frage haben sich in den vergangenen Monaten verschärft. China betrachtet Taiwan als abtrünniges Gebiet, das zur Volksrepublik gehöre. Die 23 Millionen Einwohner zählende Inselrepublik hat aber seit mehr als sieben Jahrzehnten eine eigenständige Regierung. Peking will Taiwan wieder mit dem Festland vereinigen - notfalls mit militärischer Gewalt. Immer wieder führen China und auch die USA Militärübungen in der Region durch.
Li warnt USA vor Einmischung
Der Konflikt ist eines der Themen beim Shangri-La-Dialog in Singapur mit Hunderten Teilnehmenden aus mehr als 40 Staaten. Dort warnte Li die USA davor, sich im Streit über Taiwan einzumischen und drohte erneut mit einem militärischen Vorgehen gegen die demokratische Inselrepublik. "Wenn es jemand wagen sollte, Taiwan von China abzuspalten, wird das chinesische Militär nicht eine Sekunde zögern", sagte Li. "Wir werden keinen Gegner fürchten und ungeachtet der Kosten entschieden unsere nationale Souveränität und territoriale Integrität schützen."
Die Beziehungen zwischen China und den USA beschrieb General Li Shangfu auf einem "Rekordtief" seit Aufnahme der Diplomatie im Jahr 1979. In Singapur hatte Li auch den amerikanischen Wunsch nach einem Treffen mit seinem ebenfalls teilnehmenden US-Amtskollegen Lloyd Austin abgelehnt. Der General kritisierte die Waffenlieferungen und das militärische Training durch die USA für Taiwan sowie die Aufwertung der Beziehungen zur Regierung Taipeh. Taiwan sei eine innere Angelegenheit Chinas, in die sich niemand einmischen dürfe. Es sei gefährlich, das Ein-China-Prinzip Pekings zu unterhöhlen. Die "Wiedervereinigung" sei unaufhaltsam, sagte der Minister weiter.
USA: Konflikt wäre verheerend
US-Verteidigungsminister Lloyd Austin warnte China bei der Sicherheitskonferenz vor einem militärischen Vorgehen gegen Taiwan. "Ein Konflikt in der Taiwanstraße wäre verheerend", sagte Austin. Eine derartige Eskalation hätte Auswirkungen auf die Weltwirtschaft "in einer Weise, die wir uns nicht vorstellen können."
Die USA lehnten eine einseitige Veränderung des Status quos ab, betonte Austin. Aus seiner Sicht sei ein Konflikt aber weder unmittelbar bevorstehend noch unausweichlich. Die USA seien entschlossen, den Frieden und die Sicherheit in der für den weltweiten Schiffsverkehr so wichtigen Taiwanstraße zu bewahren. Der Pentagon-Chef zeigte sich besorgt über den Mangel an Kommunikation zwischen den beiden Großmächten China und USA. Besonders für Militärs und Verteidigungspolitiker seien offene Kommunikationsverbindungen wichtig, fügte er hinzu. "Der richtige Zeitpunkt für Gespräche ist jetzt", sagte Pistorius.
Pistorius warnt vor Angriffen auf Sicherheitsordnung
Am Shangri-La-Dialog nimmt auch Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius teil. Vor dem Hintergrund der Spannungen im Indopazifik rief er dazu auf, die auf Regeln basierende, internationale Ordnung zu schützen, wo immer sie gefährdet sei. Dazu gehöre auch das Recht auf freie Schifffahrt. Deutschland stehe bereit, alle bilateralen oder multilateralen Maßnahmen zur Vertrauensbildung zu unterstützen, sagte der SPD-Politiker.
Er nannte dabei den Informationsaustausch und die Beobachtung von Militärübungen, Inspektionen von Militäreinrichtungen und Abkommen zur Rüstungskontrolle. "Wir brauchen die Herrschaft des Gesetzes anstelle einer Herrschaft mit Faustrecht."