Nach Attentat auf Ex-Premier Abe Japans Polizeichef tritt zurück
Die Ermittlungen zum Attentat auf den japanischen Ex-Premier Abe haben Mängel bei den Sicherheitsmaßnahmen aufgezeigt. Als Konsequenz tritt Japans Polizeichef Nakamura zurück.
Japans Polizeichef Itaru Nakamura übernimmt nach der Tötung des früheren Regierungschefs Shinzo Abe die Verantwortung für den unzureichenden Schutz des Politikers. Er kündigte auf einer Pressekonferenz seinen Rücktritt an.
Es habe "Mängel bei den Sicherheitsplänen" und bei der Risikoeinschätzung gegeben, sagte Nakamura. Die Anweisungen des Einsatzleiters vor Ort seien "unzureichend" gewesen. Die Wurzel des Problems liege in den "Grenzen des aktuellen Systems", bei dem die örtliche Polizei alleine für Sicherheitsmaßnahmen zuständig ist.
Die Erkenntnisse aus den Ermittlungen zu den Mängeln hätten die nationale Polizeibehörde zu einem "Neustart und zu einer Überarbeitung unseres Sicherheitssystems" veranlasst. Es sei selbstverständlich, mit einer neuen Aufstellung von Leuten an die Sache heranzugehen, so Nakamura weiter.
Weltweites Entsetzen nach Attentat
Abe war am 8. Juli während einer Wahlkampfrede auf einer Kreuzung der Stadt Nara von einem Ex-Militär mit einer selbstgebauten Waffe aus nächster Nähe von hinten erschossen worden. Das Attentat hatte in dem für seine niedrige Kriminalitätsrate und seine äußerst strengen Waffengesetze bekannten Land wie auch weltweit Entsetzen ausgelöst.
Untersuchungsbericht vorgelegt
Die Rücktrittsankündigung des Polizeichefs erfolgte bei der Vorlage eines Untersuchungsberichts zu dem Attentat. Demnach befanden sich an dem Tag ein von der Tokioter Stadtpolizei entsandter Beamter und mehrere örtliche Polizeibeamte in unmittelbarer Nähe von Abe.
Dennoch konnte sich der Täter unbemerkt von den Beamten von hinten Abe nähern, seine selbstgebaute Waffe aus einer Umhängetasche ziehen, anlegen und zwei Schüsse auf den konservativen Politiker abfeuern.
Abe stand dabei auf einer Verkehrsinsel hinter Leitplanken. Kurz bevor er zu reden begann, sei einer der örtlichen Beamten, der von außen Abes Rücken zugewandt war, in die abgesperrte Zone getreten und habe sich dem Publikum zugedreht, ohne die anderen Beamten oder den Einsatzleiter zu informieren, erklärte die Polizeibehörde.
In Japan war es bisher üblich, dass Politiker auf belebten Straßenkreuzungen, vor Bahnhöfen oder großen Geschäften Reden halten, ohne dabei groß abgeschirmt zu sein.
Motiv: Hass auf Mun-Sekte
Der Täter war noch am Tatort festgenommen worden. Bis Ende November soll er psychologisch untersucht werden. Er gab als Motiv für die Tat Hass auf die umstrittene Vereinigungskirche des koreanischen Sektengründers San Myung Mun an, zu der Abe Verbindungen gehabt habe. Horrende Spenden seiner Mutter an die Sekte hätten die Familie in den Ruin getrieben.
Seit dem Attentat stehen die Verbindungen von Abes regierender Liberaldemokratischer Partei (LDP) zu der als Mun-Sekte bekannten Organisation im Rampenlicht. Die Sekte ist für ihre konservative, antikommunistische Gesinnung und für Massenhochzeiten bekannt.