Lukaschenko in Belarus Plötzlich vereidigt
In Belarus hat der umstrittene Staatschef Lukaschenko überraschend seine sechste Amtszeit angetreten. Als bedeutender Staatsakt wird die Zeremonie normalerweise Tage vorher angekündigt.
Der umstrittene Staatschef Alexander Lukaschenko hat sich zum sechsten Mal als Präsident von Belarus vereidigen lassen. Der 66-Jährige legte den Amtseid überraschend ab.
Lukaschenko legte die rechte Hand auf die Verfassung und schwor den Eid, wie Staatsmedien in Minsk meldeten. Während der Zeremonie schwor Lukaschenko, "dem Volk der Republik Belarus zu dienen, die Rechte und Freiheiten der Menschen und Bürger zu respektieren und zu schützen". Danach überreichte ihm die Chefin der Wahlkommission, Lidija Jermoschine, die Amtsurkunde.
Staatsakt ohne Vorankündigung
Normalerweise wird die Zeremonie als bedeutender Staatsakt Tage vorher bekanntgegeben. Dass die Amtseinführung als Geheimoperation angesetzt wurde, zeige einmal mehr, dass der Machtapparat Angst habe vor Protesten der Bevölkerung, die den Wahlsieg vom 9. August nicht anerkenne, sagte der Politologe Waleri Karbelewitsch in Minsk der Nachrichtenagentur dpa.
Vor der Amtseinführung hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell Lukaschenko das Recht auf das Präsidentenamt klar abgesprochen. Es handele sich um eine "Pseudo-Amtseinführung", schrieb Borrell in einem am Dienstag veröffentlichten Blogeintrag. "Herr Lukaschenko hat jede Legitimität verloren", so Borrell.
Amtseinführung bis 9. Oktober
Nach der Verfassung musste die Amtseinführung innerhalb von zwei Monaten nach der Präsidentenwahl - also spätestens bis zum 9. Oktober - erfolgen. Einen Termin hatte die Präsidialverwaltung bis zuletzt nicht genannt. Die EU hatte die Wahl vom 9. August nicht anerkannt. Sie unterstützt die Demokratiebewegung mit der früheren Kandidatin Swetlana Tichanowskaja an der Spitze.
Lukaschenko hatte sich mit 80,1 Prozent der Stimmen zum Sieger erklären lassen - nach 26 Jahren an der Macht. Russland hatte ihm zum Sieg gratuliert. Seit der Wahl kommt es zu historischen Massenprotesten in Belarus gegen Lukaschenko. Die belarussische Opposition spricht von Wahlfälschung. Die Demokratiebewegung fordert seinen Rücktritt und eine Neuwahl ohne seine Teilnahme.
Die Opposition bildete einen Koordinierungsrat, um auf eine Machtübergabe zu dringen. Doch viele von dessen Mitgliedern sind inzwischen festgenommen worden oder wurden gezwungen, das Land zu verlassen. Lukaschenko hatte einen Rücktritt abgelehnt und damit gedroht, die Armee einzusetzen, um sich die Macht zu sichern.