Corona-Krise Belgien sperrt zu
Belgien müsse nicht zur Sperrzone werden, versicherte Ministerpräsidentin Wilmès - kündigte aber drastische Mittel gegen das Coronavirus an: Schulen und Cafés sind geschlossen, öffentliche Verkehrsmittel seien zu meiden.
Um die Ausbreitung des Coronavirus einzudämmen, bringt Belgien Teile des öffentlichen Lebens vorerst zum Stillstand. Alle Restaurants, alle Cafés und Museen bleiben von heute an vorerst geschlossen. Sämtliche Freizeitaktivitäten, Kulturveranstaltungen und Konzerte müssen abgesagt werden - und das gilt nicht nur für die öffentlichen Veranstaltungen, sondern auch für die privaten.
Wie die belgische Ministerpräsidentin Sophie Wilmès nach einer Sitzung des Nationalen Sicherheitsrats verkündete, sollen auch Schulen bis zum Beginn der Osterferien am 3. April den Unterricht einstellen. Eltern, die beispielsweise im Gesundheitswesen tätig sind und arbeiten müssten, könnten ihre Kinder aber weiterhin zur Betreuung in die Schulen schicken. Zur Kinderbetreuung sollten nicht die Großeltern bemüht werden, da sie zur Risikogruppe für eine Coronavirus-Ansteckung gehören.
Hamsterkäufe "weder notwendig noch solidarisch"
Apotheken, Lebensmittel- und Tierfuttergeschäfte blieben aber weiterhin geöffnet, erklärte die Regierungschefin. Hamsterkäufe seien deshalb weder notwendig noch solidarisch gegenüber den Mitbürgern.
Busse und Bahnen fahren in Belgien zwar weiter, aber Willmès bat die Bürger, öffentliche Verkehrsmittel nur dann zu nutzen, wenn es keine andere Möglichkeit gebe.
Mitarbeiter des regionalen Krankenhauses im belgischen Lüttich testen in einer "Drive-Through"-Anlage Bürger auf das Coronavirus.
Gottesdienste und Freitagsgebete abgesagt
In Belgien stieg die Zahl der festgestellten Corona-Infektionen zuletzt sehr schnell: Dem Monitoring der Johns-Hopkins-Universität in Baltimore zufolge sind bislang 314 Fälle bestätigt, drei Menschen starben an den Folgen der Viruserkrankung.
In den vergangenen Tagen hatten belgische Virologen und Mediziner Druck auf die Regierung ausgeübt, entschieden gegen die Ausbreitung des Virus vorzugehen. Am späten Donnerstagabend verkündete Wilmès dann die einschneidenden Maßnahmen. Das Land komplett abzuriegeln wie Italien, sei aber nicht nötig, versicherte sie.
Die katholischen Kirchen des Landes hatten zuvor angekündigt, bis Anfang April keine Gottesdienste abzuhalten. Auch die Große Moschee in Brüssel kündigte an, dass das Freitagsgebet "bis auf weiteres" nicht stattfinden werde.
Europacampus-Mitarbeiter arbeiten von zu Hause
Auch die Institutionen der Europäischen Union in Brüssel schalten angesichts der Pandemie auf den Krisenmodus um: Von Montag an sollen die etwa 32.000 Mitarbeiter der EU-Kommission von zu Hause aus arbeiten - nur wer unverzichtbare Funktionen ausübt, solle noch ins Büro kommen, hieß es.
Das Europaparlament hatte schon zu Anfang der Woche alle Mitarbeiter aufgefordert, wenn möglich zu Hause zu bleiben. Zum ersten Mal in der Geschichte der EU wurde die monatliche Sitzungswoche in Straßburg abgesagt - dort zu tagen, hätte für die 751 Abgeordneten und die Bevölkerung in Straßburg ein zu großes Risiko bedeutet, wie Parlamentspräsident David Sassoli erklärte.
Er selbst gab die Erklärung aus seiner Privatwohnung ab, nachdem er sich nach einem Heimatbesuch in Florenz vorsorglich in Quarantäne begeben hatte.
"Bitte schalten Sie Ihre Mikrophone stumm!": Europaratspräsident Charles Michel nimmt an einer Videokonferenz mit weiteren Europapolitikern teil.
EU-Innenminister beraten über Vorgehen
Ungeachtet der Einschränkungen wollen sich heute die 27 EU-Innenminister in Brüssel treffen. Neben den gestrandeten Migranten an der griechisch-türkischen Grenze wollen sie auch über die Zusammenarbeit im Kampf gegen das Coronavirus sprechen. Mehrere EU-Staaten haben bereits Einreisebeschränkungen erlassen, Deutschland verhängte einen Exportstopp für Atemmasken und medizinische Schutzkleidung. Italien indes signalisierte, dass dort Schutzmasken und weitere Ausrüstung knapp werden.
Mit Informationen von Helga Schmidt, ARD-Studio Brüssel