USA veröffentlichen Bin-Laden-Videos Harmlose Aufnahmen eines grauen Mannes
Als ein US-Spezialkommando Al-Kaida-Führer Bin Laden in Pakistan tötete, fand es in dessen Haus auch umfangreiche Unterlagen. Darunter waren auch Videos. Fünf davon hat die US-Regierung nun veröffentlicht. Der Inhalt ist denkbar harmlos. Die Videos zeigen Bin Laden beim Fernsehschauen und mit frisch gefärbtem Bart.
Von Klaus Kastan, BR-Hörfunkstudio Washington
Eigentlich sind es belanglose Aufnahmen eines alten Mannes. Müde sitzt er da in einem heruntergekommenen Zimmer vor einem Fernseher. Zappt sich durch die Programme oder schaut sich Videos von sich selbst an. Eine Decke hat er um die Schultern gelegt und auf dem Kopf trägt er eine Strickmütze.
Sein Gesicht sieht man von der Seite: Osama Bin Laden schaut alt aus, nicht gesund. Dieser Filmausschnitt stammt von einem der fünf Videobänder, die bei der Kommandoaktion der US-Spezialeinheit Team Six der Navy Seals sichergestellt worden waren. Aber es gibt auch andere Aufnahmen. Auf einem Mitschnitt hat er sich fesch angezogen und zurechtgemacht. "Botschaft an das amerikanische Volk" ist dieses Video überschrieben und wurde wahrscheinlich im Herbst des vergangenen Jahres aufgenommen.
Wie die Botschaft Bin Ladens lautete, wissen wir nicht. Die US-Regierung habe auf den freigegebenen Mitschnitten den Ton gelöscht, damit das Material von Niemandem zu Propagandazwecken missbraucht werden kann, so ein Sprecher des Pentagon. Aber was auffällt: Auf den Home-Videos waren Bin Ladens Haare und sein Bart grau und weiß, auf den Aufnahmen für die Außenwelt waren Haare und Bart dunkel gefärbt und zurechtgestutzt - offensichtlich, um darauf jünger auszusehen.
Drohende Widersprüche?
Die US-Regierung verfolgt mit dem jetzt veröffentlichten Material zweierlei: Auf der einen Seite sollen die letzten Skeptiker davon überzeugt werden, dass man wirklich Bin Laden gefunden und getötet hat. Und zweitens: Man will der Öffentlichkeit zeigen, wie widersprüchlich der Chef des Terrornetzwerkes gelebt hat. Jim Woolsey, der frühere Direktor des US-Geheimdienstes CIA sagte nach Veröffentlichung der Videos: "Im großen und ganzen handelt es sich bei diesen Aufnahmen wahrscheinlich um den Teil einer PR-Schlacht. Die Verantwortlichen wollen zudem für ihre erfolgreiche Militäroperation Anerkennung erhalten."
Doch Mark Kimmit, der einstige Brigadegeneral und enge Mitarbeiter von Ex-Präsident George W. Bush, warnt die gegenwärtige US-Regierung auch. Sie dürfe es mit der Veröffentlichung von Al-Kaida-Material nicht übertreiben, denn "wenn man auf der einen Seite behauptet, dass Bin Laden bis zum Schluss intensiv in das operative Geschäft der gefährlichsten Terrororganisation der Welt eingebunden war und dann sieht man diese Bilder des alten Mannes, der sich auch noch mit einer Decke umhüllt, könnte man darin einen Widerspruch in der offiziellen Darstellung herauslesen".
Doch das US-Verteidigungsministerium verweist darauf, dass diese Aufnahmen nur ein Bruchteil des Gesamtmaterials seien, die die Eliteeinheit im Unterschlupf Bin Ladens sichergestellt hat. Insgesamt ließe sich nachweisen, welch aktive Rolle der Gründer des Terrornetzwerkes bis zu seinem Tod bei der Planung und Durchführung von Anschlägen gespielt habe.