Londons Bürgermeister für Brexit Für Cameron wird es schwer
Für den britischen Premier Cameron wird es schwer, sein Land in der EU zu halten. Denn nun schloss sich auch Londons Bürgermeister Johnson den Brexit-Befürwortern an. Und Johnson ist so populär, dass das wohl viele Briten ins Lager der EU-Gegner ziehen wird.
Viel Schlaf hat David Cameron in den vergangenen Tagen nicht bekommen: Erst das stundenlange Ringen um einen EU-Reformdeal in Brüssel, dann der Interview-Marathon zuhause in London. Weitere schlaflose Nächte dürfte dem konservativen Premierminister nun sein Parteifreund Boris Johnson bescheren. Denn der Londoner Bürgermeister hat sich nach langem Zaudern und Zögern entschieden - für den Brexit: "Schweren Herzens", so Johnson, habe er sich dazu durchgerungen, den Wählern zu empfehlen, die EU zu verlassen - weil nur dann die Briten wirklich einen besseren Deal bekämen.
Johnsons Spitzname dürfte statt "BoJo" von nun an "BoGo" lauten. Der 51-Jährige ist der beliebteste Politiker des Landes und hat das Kaliber, noch unentschiedene Wähler davon zu überzeugen, den EU-Austritt zu riskieren.
Ein erster Triumph für die Brexit-Kampagne - und ein schwerer Rückschlag für Cameron, darin sind sich die politischen Kommentatoren einig. Der Premierminister hatte am Sonntag zunächst noch gehofft, Johnson auf seine Seite zu ziehen - mit dem Argument, Großbritannien sei sicherer, stärker und besser dran innerhalb der EU.
Boris Johnson, sagen seine Kritiker nun, habe vor allem das Interesse von Boris Johnson im Auge: Stimmen die Briten tatsächlich für den EU-Ausstieg, dann gilt er als heißer Kandidat für die Nachfolge Camerons als Partei- und Regierungschef. Schon vor dem Bürgermeister hatte eine Handvoll Minister am Wochenende angekündigt, sich gegen ihren eigenen Premier zu stellen. Keiner von ihnen könne aber der "Out"-Kampagne derart Flügel verleihen wie Johnson, analysiert BBC-Westminster-Korrespondentin Alex Forsyth: Cameron bleibt nichts anderes übrig, als gute Miene zum bösen Spiel zu machen.
Note "ungenügend"
Am Montagnachmittag wird er jenes Gesetz ins Parlament einbringen, das den Termin für den Volksentscheid festlegt: Am Donnerstag, dem 23. Juni, werden die Briten voraussichtlich darüber abstimmen, ob das Land den europäischen Club verlässt oder nicht. Der Premier wird den Abgeordneten außerdem jenes Reformergebnis vorstellen, das er mit den 27 EU-Partnern am späten Freitagabend nach langen Verhandlungen erzielt hatte. Die Note "Ungenügend" vergibt sein Rivale Johnson dafür: Niemand, so Johnson, könne doch ernsthaft behaupten, der Deal verändere die Beziehung Großbritanniens zur EU fundamental.
Glaubt man den britischen Buchmachern, dann ist nach seinem Outing ein Brexit deutlich wahrscheinlicher als zuvor. Umfragen zufolge ist grob ein Drittel der Wahlberechtigten auf jeden Fall gegen die weitere EU-Mitgliedschaft, ein Drittel dafür - während das entscheidende Drittel in der Mitte noch keine gefestigte Haltung hat. Um diese Briten werden sowohl Boris Johnson als auch David Cameron kämpfen - als Gegner.