Brexit-Chaos "Uns läuft die Zeit davon"
Sollte in Großbritannien bis zum 12. April keine Entscheidung gefallen sein, droht der Austritt ohne Deal. Die EU hält das mittlerweile für "wahrscheinlich", Außenminister Maas appelliert an London, Klarheit zu schaffen.
Nach dem dritten Nein des britischen Unterhauses zum Brexit-Abkommen wächst die Sorge, dass das Vereinigte Königreich ohne Deal die Europäische Union verlässt. Ein ungeordneter Austritt am 12. April sei "jetzt ein wahrscheinliches Szenario" sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Man bedauere das Votum. Nun sei es an Großbritannien, vor diesem Datum zu erklären, wie es weitergehen könnte.
Die Vorteile des Austrittsvertrags, darunter die vorgesehene Übergangsphase bis Ende 2020, würden bei einem No-Deal-Austritt keinesfalls mit angeboten. Einzelne "Mini-Deals" seien keine Option. EU-Ratschef Donald Tusk berief einen EU-Sondergipfel für den 10. April ein, wie er per Twitter mitteilte.
Auch Bundesaußenminister Heiko Maas reagierte besorgt auf das erneute Nein aus London. "Uns läuft die Zeit davon, um einen ungeordneten Brexit zu verhindern", warnte der SPD-Politiker. Er forderte die Briten auf, vor dem 12. April zu entscheiden, wie es weitergehen solle. "Ansonsten ist es der No-Deal-Brexit, so hart das auch wäre", erklärte Maas. Es sei niemandem vermittelbar, dass es drei Jahre nach der Entscheidung für den Brexit keine Einigkeit für einen geordneten Austritt gebe.
Frankreich pocht auf Alternativplan
Auch das französische Präsidialamt erklärte, die britische Regierung müsse "in den kommenden Tagen dringend einen Alternativplan vorlegen". "Sollte dies nicht passieren, dann ist das wahrscheinlichste Ergebnis, dass Großbritannien die EU ohne Vertrag verlässt."
"Ich hoffe, dass es nächste Woche im britischen Parlament eine Mehrheit für etwas geben wird - bislang gab es immer nur Mehrheiten gegen etwas", sagte der Brexit-Beauftragte des Europäischen Parlaments, Guy Verhofstadt, in der tagesschau.
Die Abgeordneten im Londoner Unterhaus arbeiten bereits an einem Plan B zu Mays Brexit-Deal. Am Montag soll das Parlament eine zweite Runde an Testabstimmungen über Alternativen zu dem Abkommen abhalten.
Acht Mal Nein
Bei der ersten Runde hatten sich die Parlamentarier noch nicht auf eine Option einigen können - alle acht zur Abstimmung stehenden Vorschläge wurden abgelehnt. Die meisten Ja-Stimmen entfielen dabei auf ein zweites Referendum über den EU-Austritt und auf den Vorschlag, nach dem Ausscheiden in einer Zollunion mit der EU zu bleiben. Beides scheint nun nicht mehr ausgeschlossen. Brüssel hat bereits Offenheit signalisiert für Verhandlungen über eine engere Anbindung Großbritanniens an die EU.
Trifft Großbritannien allerdings bis zum 12. April keine Entscheidung, droht der Austritt ohne Abkommen. Setzt sich London für eine erneute Brexit-Verschiebung ein, müssten die Briten an der Wahl zum Europaparlament Ende Mai teilnehmen. Premierministerin Theresa May hatte mehrfach betont, dass sie dies nicht will.