Skeptische Reaktion auf Cameron in Brüssel Britische Forderungen teils "hochproblematisch"
Der britische Premier Cameron stellt Bedingungen für einen EU-Verbleib - für Brüssel aber ist einiges davon "hochproblematisch". Vor allem, weil Grundfreiheiten betroffen seien. Deutlich entspannter reagierte Bundeskanzlerin Merkel.
Die EU-Kommission sieht den britischen Forderungskatalog für EU-Reformen mit Skepsis. Einige Dinge seien "hochproblematisch, weil es um Grundfreiheiten unseres Binnenmarktes geht", sagte ein Sprecher in Brüssel. Dazu zähle zum Beispiel die direkte Diskriminierung von EU-Bürgern, die keinen britischen Pass haben.
Schwierig seien außerdem Forderungen zum Verhältnis zwischen den Euro-Staaten und solchen EU-Ländern, die die Gemeinschaftswährung nicht eingeführt haben. Cameron hatte hier verlangt, Nicht-Euro-Länder sollten nicht benachteiligt werden und niemals für die Stabilisierung des Euro aufkommen.
EU ist verhandlungsbereit
Trotzdem erkennt die EU-Kommission Spielräume in der Diskussion mit London. Die Forderungen Camerons sehe sie als "Beginn der Verhandlungen, nicht als Ende." Die EU sei bereit, "an einem fairen Deal für Großbritannien zu arbeiten, der gleichzeitig auch fair für alle anderen Mitgliedsstaaten ist."
Bundeskanzlerin Merkel reagierte gelassen auf Camerons Vorstoß. Es gebe "schwierige und weniger schwierige Punkte", sagte sie, ohne Einzelheiten zu nennen. "Aber, wenn man diesen Geist hat, dass wir dies lösen, bin ich durchaus zuversichtlich, dass dies gelingen kann." Cameron habe sie bereits am Montag telefonisch informiert, insofern seien seine Vorschläge keine Überraschung, so Merkel.
Cameron will Freizügigkeit von EU-Bürgern einschränken
Der britische Premier hatte heute in einer Rede in London einen deutlichen Politikwechsel in der EU gefordert. Die Beziehungen zwischen Brüssel und London müssten neu definiert werden.
So verlangt Cameron zum Beispiel, die Freizügigkeit von EU-Bürgern einzuschränken. In Großbritannien sollte die Niederlassungsfreiheit nicht für Staatsangehörige neuer EU-Mitgliedsstaaten gelten. Sein Land werde sich auch nicht an einer immer engeren Integration der Europäischen Union beteiligen.
"Manchmal ist es weniger Europa"
Europa müsse sehen, dass die Lösung für jedes Problem nicht immer mehr Europa sei, so Cameron. "Manchmal ist es weniger Europa." Seine Forderungen hatte der britische Premier auch in einem Brief an EU-Ratspräsident Tusk geschickt.
In seiner Rede hatte Cameron hervorgehoben, dass die Notwendigkeit von Reformen in der EU in den vergangenen Jahren größer geworden sei. Die politische Situation habe sich dramatisch verändert - zum Beispiel durch das Aufkommen der Terrormiliz "Islamischer Staat", durch die Flüchtlingskrise und den Ukraine-Konflikt. Deshalb wohl betonte er, "es geht nicht nur darum, aus wirtschaftlichem Kalkül in der EU zu bleiben, sondern auch aus sicherheitspolitischen Gründen."
Kritik von Euroskeptikern
Aus Camerons Rede war deutlich herauszuhören, dass er an einen Verbleib seines Landes in der EU glaubt. Entsprechend war die Reaktion der Euroskeptiker aus den eigenen Reihen. Der konservative John Redwood erklärte, Camerons Forderungen gingen nicht weit genug - die Briten wollten mehr über ihr eigenes Schicksal bestimmen.
Die Bürger Großbritanniens sollen bis Ende 2017 in einem Referendum darüber entscheiden, ob das Königreich in der EU bleiben soll.