Rede im Unterhaus nach Einigung mit EU Cameron wirbt für seinen "Deal"
Nach seinem Verhandlungserfolg beim EU-Gipfel wirbt der britische Premier Cameron für den Verbleib in der EU. Im Parlament gab er sich als leidenschaftlicher Europäer. Doch der Widerstand in den eigenen Reihen ist groß.
Europa im Allgemeinen und die EU im Besonderen erregen die Gemüter der britischen Abgeordneten wie kaum ein anderes Thema. Erst recht jetzt, da es um alles oder nichts geht, um "in" oder "out".
Auch für den Premierminister steht viel auf dem Spiel und so wurde David Cameron im Parlament ganz plötzlich zum leidenschaftlichen Werber für Europa. Zur Wahl stehe, Großbritannien als Teil der EU noch größer zu machen, so Cameron, oder den Sprung ins Ungewisse zu riskieren. Er verteidigte das, was er in Brüssel erreicht hat: London muss bei politischer Integration nicht mitmachen, wird als Nicht-Euro-Staat geschützt und kann eine Notbremse ziehen bei zu viel Zuwanderung. Sein Land bekomme einen EU-Sonderstatus, meint der Premier, und somit das Beste aus beiden Welten. Das Land sei innerhalb der EU sicherer, stärker und wirtschaftlich besser dran als außerhalb, sagte Cameron.
Viele Tories bezweifeln Camerons Sicht
Doch das sehen viele seiner Tories anders. Sie haben nun eine neue Galionsfigur für den "Brexit". Die Euro-Rebellen im Parlament feiern Londons Bürgermeister Boris Johnson in ihren Reihen. Der bezweifelt, dass Camerons Reformdeal Großbritannien tatsächlich mehr rechtliche Eigenständigkeit, mehr Souveränität beschert.
Süffisant kommentierte Cameron die politischen Ambitionen Johnsons mit den Worten: "Ich kandidiere nicht für die Wiederwahl. Ich habe keine anderen Ziele, sondern das Beste für unser Land im Sinn."
Londons Bürgermeister Boris Johnson setzte sich öffentlich an die Spitze des Lagers der "Brexit"-Befürworter.
Aber nicht nur sein Rivale Johnson, sondern auch eine Handvoll konservativer Minister weicht bereits von der Regierungslinie ab und wirbt für den Ausstieg aus der EU. Und bis zu 150 Tory-Abgeordnete könnten sich dem "Leave"-Lager anschließen, das wäre mehr als ein Drittel der Fraktion.
Opposition unterstützt Verbleib in der EU
Auf die Unterstützung der Opposition dagegen kann Cameron bauen, etwa auf Labour-Chef Jeremy Corbyn. Dieser will zwar ein anderes Europa als der Regierungschef: weniger für die Arbeitgeber, mehr für die Arbeitnehmer. Aber vor dem Volksentscheid werden beide de facto Seit an Seit kämpfen - gemeinsam mit den Liberaldemokraten, den Grünen und der schottischen Nationalpartei SNP.
Eines stellte Cameron in der Debatte abschließend klar: Wenn sich die Briten zum Brexit entschlössen, dann gebe es kein Zurück, keine Neuverhandlung, kein zweites Referendum. Er habe jedenfalls noch nie gehört, so Cameron, dass irgendjemand mitten im Scheidungsverfahren auf einmal das Eheversprechen erneuern wolle.