Parteitag in China Macht zementiert - und Eklat provoziert?
Auf dem Parteitag in Peking hat der chinesische Staats- und Parteichef Xi seine Macht zementiert. Doch ein Vorfall auf offener Bühne mit seinem Amtsvorgänger Hu wirft Fragen auf.
Verstörende Szene zu Beginn der Schlussveranstaltung in der Großen Halle des Volkes: Zwei Männer führen den ehemaligen Staatschef Hu Jintao vor versammelter Presse ab. Der 79-jährige Vorgänger von Xi Jinping wirkt überrascht, will offensichtlich nicht von der Tribüne gehen. Der Stuhl neben Generalsekretär Xi bleibt anschließend leer.
In einer im Onlinedienst Twitter veröffentlichten Meldung der staatlichen Nachrichtenagentur Xinhua hieß es, Hu habe sich nicht wohl gefühlt und sei daraufhin aus dem Saal geführt worden. Das Team, das sich um die Gesundheit des früheren Staats- und Parteichefs kümmere, habe ihn in einen Nebensaal geführt, so dass er sich dort habe ausruhen können. Inzwischen gehe es Hu "viel besser", hieß es weiter. Dieser habe darauf bestanden, an der abschließenden Sitzung der Partei am Samstag teilzunehmen, obwohl er sich gerade noch in einer Erholungsphase befinde.
Viele Beobachter werten die Aktion als mögliche Machtdemonstration des jetzigen und künftigen Staats- und Parteichefs - und als Warnung an seine Gegner innerhalb der Partei. Hu gilt nicht als Unterstützer Xis und seines ultraautoritären und nationalistischen Führungsstils.
Im Gegenzug wirft das Lager um Xi ihm vor, er habe die Partei während seiner Amtszeit verkommen lassen und zu wenig gegen Korruption getan.
Xi zementiert seine Macht
Xi erklärte den Parteitag offiziell für beendet. Zuvor hatten die rund 2300 Delegierten einige Änderungen der Parteiverfassung beschlossen, die seine zentrale Rolle weiter zementieren. Außerdem segneten die Delegierten die rund 200 Mitglieder des neuen Zentralkomitees der Kommunistischen Partei ab. Das Zentralkomitee leitet die Arbeit in der Partei und setzt Beschlüsse des Parteitags um.
Nicht unter den Mitgliedern ist Noch-Ministerpräsident Li Keqiang - das heißt, er wird in den Ruhestand gehen. Denn wenn er nicht im Zentralkomitee vertreten ist, kann er auch keinen Posten im Politbüro und dessen Ständigen Ausschuss innehaben - dem obersten Führungsgremium der Kommunistischen Partei und damit auch der Volksrepublik.
Ein Bruch mit Normen
Auch drei weitere Mitglieder des Ständigen Ausschusses sind nicht Zentralkomitee vertreten. Das gibt Xi die Möglichkeit, das Politbüro und den derzeit siebenköpfigen Ständigen Ausschuss mit Vertrauten und jüngeren Mitgliedern zu besetzen und seine Macht für die kommenden Jahre weiter zu stärken.
Morgen kommt das neue Zentralkomitee zusammen, um die Führungsspitze der Partei zu bestimmen. Auch die Wiederwahl Xis als Generalsekretär wird morgen bekannt gegeben.
Der 69-Jährige bricht damit Normen, denn eigentlich war nach zwei Amtszeiten an der Spitze von Partei und Staat Schluss. Außerdem überschreitet er das parteiinterne Alterslimit. Xi hat in den vergangenen zehn Jahren mit harter Hand regiert und China und die Kommunistische Partei umgebaut und auf sich zugeschnitten. Er ist damit so mächtig wie kein anderer Staatschef seit Langzeitdiktator Mao Zedong.
"Eine sehr gelungene Machtübernahme"
Auch Ralph Weber von der Uni Basel verbindet mit Xi "eine sehr gelungene Machtübernahme". Er habe die Partei in einem Zustand übernommen, in der es ihr nicht gut ging, sagt der Politikwissenschaftler. Er hat es geschafft, die Partei auf Vordermann zu bringen über Anti-Korruptions-Kampagnen, über geschickte institutionelle Einsätze von kleinen Führungsgruppen und so weiter."
Das sei ein sehr erfolgreiche Karriere, so Weber weiter, die erst jüngst und durch verschiedene Gründe stärker unter Druck gekommen sei. Aber wenn man sich das über die zehn Jahre anschaue, in denen Xi Jinping an der Macht ist, dann habe er die Macht auf erstaunliche Weise konsolidiert und sich in sämtliche Positionen festgesetzt.
Das Land steht vor großen Herausforderungen
Die Herausforderungen für Xi Jinping in den kommenden Jahren sind groß: Die Wirtschaft steckt in der Krise - unter anderem wegen des Wirtschaftskriegs mit den USA. Aber auch wegen der strikten Null-Covid-Politik im Land, immer mehr Menschen sind zudem von den harten Lockdowns, Reiseverboten und ständigen Massentests genervt. Die chinesische Gesellschaft überaltert schnell, denn es werden zu wenige Kinder geboren.
Außerdem steht China international zunehmend isoliert da. Auf der einen Seite hat sich die Volksrepublik in den vergangenen Jahren immer mehr abgeschottet. Auf der anderen Seite lassen sich viele Länder nur noch ungern auf China ein - zu sehen auch an den jüngsten Diskussionen um die geplante Beteiligung des chinesischen Staatskonzerns COSCO an einem Terminal des Hamburger Hafens.