9/11: Der Anschlag auf das Pentagon Die fast vergessenen Opfer von Washington
Die Erinnerung an 9/11 ist geprägt von den Bildern der Anschläge von New York. Seltener geht es um die 184 Opfer am Pentagon in Washington. Eine Gedenkstätte hält die Erinnerung an die Toten wach und ist Ziel für viele Besucher und Angehörige.
Von Rüdiger Paulert, NDR-Hörfunkstudio Washington
"Wir sind zum ersten Mal in Amerika zu Besuch und gerade wenn man dann hier steht ist es schon erschreckend". Eva Bednarz steht an der Gedenkstätte für die Opfer des Anschlages vom 11. September in Washington.
Eigentlich sind Gedenkstätten sehr ruhige Orte. Nicht hier. Pausenlos hört man Flugzeuge vom nahen nationalen Flughafen Ronald Reagan starten; als wollten auch sie an den Anschlag erinnern. 184 Menschen verloren hier vor zehn Jahren ihr Leben, als Flug American Airlines 77 in das amerikanische Verteidigungsministerium raste. Das jüngste Opfer war die dreijährige Dana Falkenberg. Sie war mit ihren Eltern auf dem Weg über Los Angeles nach Australien, erzählt Dick Smith, der als Freiwilliger Besucher an der Gedenkstätte betreut.
Kleine Bänke aus Granit erinnern an die Toten
An Dana und die vielen anderen Opfer erinnern kleine Bänke aus grauem Granit und Edelstahl. An der Stirnseite tragen sie kleine Plaketten mit dem Namen jeweils eines Opfers. Darunter steht ein Bassin mit Wasser, abends wird es indirekt angestrahlt.
Wenige Meter von Danas Bank entfernt stehen zwei weiter Bänke mit den Namen von zwei Elfjährigen. David Rondo ist zu Besuch in der Gedenkstätte, die Bänke für die beiden Kinder sind ihm besonders aufgefallen. Seine Augen werden feucht als er davon erzählt: "Das traurigste, was wir gesehen haben, sind die zwei Elfjährigen, die ohne Begleitung geflogen sind. Als Eltern fürchten wir alle, dass unsere Kinder etwas Entsetzliches erleben und wir dann nichts dagegen tun und sie nicht einmal trösten können."
Das älteste Opfer war 77 Jahre alt
Auf einer Fläche so groß wie zwei Fußballfelder stehen die Bänke in Erinnerung an die Opfer. Verteilt auf Jahrgangslinien, die zwischen kleinen Steinchen in den Boden eingelassen sind. Die Jahrgangslinien verlaufen parallel genau in der Richtung, in der damals die Maschine auf das Pentagon zuraste. Eine Linie für den Jahrgang 1998 ist für Dana. Ganz links für den Jahrgang 1924, für das älteste Opfer, den Marine Veteranen John Yamnicki. Dazwischen die Linien für all die anderen. Auch Besucher Keith Huber ist gerührt. Ihm gefalle die Architektur der Gedenkstätte und die Bauweise, sagt er.
Das Feuer stoppte wenige Meter vor seinem Büro
Aus den Büros des Pentagons auf der Südwestseite kann man direkt auf das Denkmal schauen. Hier sitzt heute Vincenz Kam, ein Amerikaner asiatischer Abstammung. Er weiß genau, wo seine Bank in der Gedenkstätte stehen würde. Nur knapp ist er dem Inferno entkommen. Die Feuerwalze stoppte nur wenige Meter vor seinem Büro im Pentagon. Dieses Bild wird er genauso wenig vergessen wie den Geruch - eine einzigartige Mischung aus brennendem Treibstoff und Beton.
"Du musst darüber hinwegkommen"
Immer wieder kommen auch Angehörige der Opfer zur Gedenkstätte am Pentagon. Tom Heidenberger ist hier um an seine Frau zu denken, sie war Chefstewardess in dem Flugzeug, das am Pentagon zerschellte. Der ehemalige Pilot erfuhr telefonisch, dass seine Frau zu den Opfern zählte. Das schlimmste war der Moment, als er das seinen Kindern erzählen musste. "Wenn du Vater oder Mutter bist, ist es das schwierigste, was du in deinem ganzen Leben machen musst. Du erzählst es Deinen Kindern und musst ihnen gegenüber dabei auch noch Stärke zeigen."
Über die Jahre, so erzählt Heidenberger, habe er sich mit dem Schicksal abgefunden. Der erfahrene Ex-Pilot ist auch nicht mehr wütend darüber, dass die Luftaufsicht damals viel zu spät auf Flug AA 77 aufmerksam wurde und daher den Absturz nicht verhindern konnte. Seine Ehefrau Michelle, so sagt er heute, hätte nicht gewollt, dass er immer noch trauere. Michelle habe immer gesagt, du musst darüber hinwegkommen, sonst verschlingt es Dich wie ein Krebsgeschwür.