Treffen der EU-Außenminister Ringen um eine Lösung für Syrien
Spätestens seit der Flüchtlingskrise interessieren sich auch die EU-Außenminister wieder stärker für Syrien. Doch welche Rolle können sie spielen? Andere Akteure sind schließlich viel einflussreicher. Heute beraten die Minister trotzdem über ihr Vorgehen.
Von Kai Küstner, NDR-Hörfunkstudio Brüssel
Egal, ob es sich um das vermeintlich mächtigste Militärbündnis der Erde handelt - die NATO. Oder auch den mächtigsten Wirtschaftsraum der Erde - die Europäische Union. Beide scheinen ohnmächtig angesichts des Schlachtens und Sterbens in Syrien.
Dabei wissen sie eigentlich recht genau, was man jetzt bräuchte. Nämlich "einen politischen Prozess zur Lösung der Krise", sagt Bundeskanzlerin Angela Merkel. "Mit allen regionalen und internationalen Akteuren. Und einer stärkeren Rolle Europas." Zwei Ziele also hat nicht nur Merkel, zwei Ziele hat auch Europa: Die EU will, dass sich alle wichtigen Mitspieler zu Gesprächen an den grünen Tisch begeben. Und sie will selber an diesem Tisch Platz nehmen. Am liebsten als Vermittlerin zwischen den streitenden Parteien
"Es ist dringend notwendig, dass diese zwei Koalitionen, die wir im Hinblick auf Syrien haben, sich in eine verwandeln", mahnt Amanda Paul vom Brüsseler Think Tank European Policy Center. In der Tat sieht es so aus, als hätten sich - vereinfacht ausgedrückt - zwei Blöcke gebildet: Zum einen sind da Russland und der schiitische Iran, die beide das Regime von Syriens Machthaber Bashar al-Assad stützen. Zum anderen: die USA und das sunnitische Saudi-Arabien, die Assad dringend loswerden wollen. Das will auch die Türkei. Dass sich am Wochenende in Ankara der tödlichste Anschlag in der Geschichte des Landes ereignete, macht die Konfliktlösung nur noch schwieriger.
Wie im Dreißigjährigen Krieg?
Die Lage in und um Syrien herum wird immer komplizierter. "Das ist ein bisschen wie im Dreißigjährigen Krieg - als sich Wien, Stockholm und Paris unter dem Alibi von Protestantismus und Katholizismus um die Macht in Deutschland gestritten haben. So dass am Ende die Hälfte der deutschen Bevölkerung tot war", meint der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im EU-Parlament, Elmar Brok.
Genau wie vor fast 400 Jahren in Europa muss laut Brok auch im Syrien-Konflikt die Religion als Deckmantel herhalten. Den muss man noch nicht mal besonders stark lüften, um zu erkennen: Die großen Mächte zanken sich derzeit um Einfluss in Nahost. Um das zu beenden, fordert Brok im ARD-Hörfunkinterview, brauche man also - ebenfalls wie vor fast vier Jahrhunderten - eine Art "Westfälischen Frieden" für Syrien: Historische Vergleiche seien immer schwierig - "aber hier gibt es verdammt ähnliche Parallelen."
Die EU wird kaum vermitteln können
Das Problem in Syrien ist allerdings: Die wichtigsten Spieler scheinen noch nicht bereit, sich zu ernsthaften Gesprächen gemeinsam an einen Tisch zu setzen. Ein Grund: Die USA, Saudi-Arabien, aber auch die Türkei sind erzürnt über Russlands Taktik, Assad zu stärken. "Wir werden mit Russland nicht zusammenarbeiten, solange es mit seiner irrigen Strategie weiter macht", warnte vor wenigen Tagen noch einmal US-Verteidigungsminister Ashton Carter.
Der Traum der Europäer, eine ähnlich erfolgreiche Vermittlerrolle wie bei den Atomgesprächen mit dem Iran zu spielen, wird vorerst ein Traum bleiben. Bei diesen Verhandlungen waren ja fast alle mit dabei, die jetzt auch in Syrien eine Rolle spielen: der Iran selbst, die USA, die Europäer, Russland.