EU zum Brexit Scheidungspapiere liegen auf dem Tisch
Die Goldhochzeit feiern die EU und Großbritannien wohl nicht mehr. Nach 45 Jahren ist die Ehe am Ende. Während Brüssel wohlwollend auf die Scheidungspapiere blickt, herrscht in London Aufruhr darüber.
Es hatte etwas von Abschied als der österreichische Europaminister Gernot Blümel mit Blick auf den Brexit sagte: "45 Jahre einer schwierigen Ehe kommen zu einem Ende. Und die Scheidungspapiere liegen de facto auf dem Tisch."
Österreichs Europaminister Blümel ist mit dem Entwurf zufrieden.
Doch genau diese Scheidungspapiere sorgen für Aufruhr. Brexit-Hardliner in der britischen Regierung sind mit einigen Kernpunkten nicht einverstanden. Zum Beispiel damit, dass Großbritannien auch nach dem Austritt Ende März nächsten Jahres erst einmal in der Zollunion der Europäischen Union bleiben soll, um harte Kontrollen an der sensiblen Grenze zwischen Nordirland und der Republik Irland zu vermeiden. Solange Großbritannien aber Mitglied der europäischen Zollunion ist, kann es keine neuen Handelsverträge mit anderen Ländern der Welt abschließen. Deshalb fordern Brexit-Hardliner in der britischen Regierung hier Nachverhandlungen von Premierministerin Theresa May.
In Brüssel wird der Scheidungsvertrag dagegen ganz anders wahrgenommen. Der Entwurf umfasst 585 Seiten. Er sieht eine Übergangsphase bis mindestens Ende 2020 vor, regelt die künftigen Rechte der Bürger auf beiden Seiten, die Finanzforderungen der EU an London und den Status der britischen Provinz Nordirland.
Es gibt kein besseres Abkommen
Dieser Deal, der jetzt auf dem Tisch liegt, ist der bestmögliche, sagte der luxemburgische Außenminister Jean Asselborn: "Es gibt keinen besseren für diesen verrückten Brexit." Asselborn ist der Ansicht: Die EU müsse jetzt diejenigen in Großbritannien ermutigen, die wirklich wollen, dass man zu einem guten Resultat komme - für Großbritannien und für die Europäische Union.
Auch der luxemburgische Außenminister Asselborn (2. v. l.) ist vom Brexit-Entwurf überzeugt.
Ganz ähnlich äußerten sich am Vormittag die meisten Minister in Brüssel. "Ich gehe davon aus, dass der Scheidungsvertrag, so wie er jetzt auf dem Tisch liegt, auch beschlossen wird", sagt der österreichische Europaminister Blümel. "Wir hoffen, dass der Text des Brexit-Abkommens nicht noch einmal geöffnet wird", meint der tschechische Staatssekretär für Auswärtige Angelegenheiten.
Nachverhandlungen nein, Nachbesserungen möglich
Auch Michael Roth, Staatsminister für Europa im Auswärtigen Amt, schließt Nachverhandlungen beim Brexit-Vertrag aus. Einen kleinen Spielraum sieht Roth allerdings bei den Verhandlungen über die künftigen Beziehungen. Denn dazu lägen bislang nur Eckpunkte vor. Ziel ist es, in Zukunft ein Freihandelsgebiet für Waren zwischen der EU und Großbritannien zu schaffen - ohne jegliche Zölle. Darüber hinaus soll es gegenseitige Vereinbarungen in bestimmten Schlüsselbereichen geben, zum Beispiel für Luftverkehr, Energie, Fischerei, Verteidigung und Strafverfolgung.
Die Europaminister bereiten den geplanten Brexit-Sondergipfel der Staats- und Regierungschefs am nächsten Sonntag in Brüssel vor. Dort sollen der Austrittsvertrag und eine politische Erklärung zu den künftigen Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien endgültig beschlossen werden. Unklar ist derzeit, wie die Lage in London sich entwickelt. "Wir hoffen, dass auch das britische Parlament letztendlich zustimmen wird", sagt der belgische Außenminister Didier Reynders. Immerhin, so Reynders, läge eine gute Grundlage auf dem Tisch.