Johnson verweigert Nominierung Kein britischer Kommissar für die EU
Die britische Regierung hat der künftigen Kommissionschefin von der Leyen eine Abfuhr erteilt. Vor der Parlamentswahl will Premier Johnson keinen Kommissar nach Brüssel schicken. Verzögert sich damit der Amtsantritt von der Leyens?
Es bleibt dabei: Trotz Verschiebung des Brexits will die britische Regierung keinen Kommissar mehr nach Brüssel schicken. Das teilte eine Regierungssprecherin auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit. Für die gewählte EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ist das eine neue Hürde: Eigentlich muss jedes EU-Land in ihrer Kommission vertreten sein, die am 1. Dezember starten soll.
Von der Leyen hatte den britischen Premierminister Boris Johnson in den vergangenen Tagen zwei Mal angeschrieben und gedrängt, einen Kandidaten für die EU-Kommission zu benennen. Dazu sei Großbritannien rechtlich verpflichtet, nachdem der britische EU-Austritt Ende Oktober erneut verschoben wurde. Der neue Termin ist der 31. Januar und liegt somit nach dem geplanten Amtsantritt der EU-Kommission.
Die Regierung beruft sich auf Konventionen
Die britische Regierung teilte von der Leyen nun aber schriftlich mit, dass eine Nominierung nicht möglich sei. Grund sind den Angaben zufolge Konventionen in Großbritannien, die den Handlungsspielraum einer Regierung kurz vor einer Parlamentswahl einschränken: "Wir haben an die EU geschrieben, um zu bestätigen, dass Großbritannien gemäß Vorwahl-Richtlinien normalerweise keine Nominierungen für internationale Posten in dieser Phase vornehmen sollte."
Mit seiner Weigerung will Johnson offenbar vermeiden, mitten im Wahlkampf weitere Zweifel an seinem Willen zum Brexit aufkommen zu lassen. Der Premier war gezwungen, eine Verschiebung des für den 31. Oktober geplanten EU-Austritts zu beantragen. Zuvor hatte er versprochen, den Brexit zu diesem Termin "ohne Wenn und Aber" umzusetzen. Am 12. Dezember soll die Parlamentswahl stattfinden.
Sprecher wichen aus
Eine EU-Kommissionssprecherin bestätigte zunächst nur den Eingang des Schreibens bei von der Leyen. Noch am Mittwoch waren von der Leyens Sprecher der Frage ausgewichen, ob sich der für 1. Dezember geplante Amtsantritt verzögern würde, wenn Großbritannien keinen Kandidaten schickt. Damit werde man sich erst befassen, wenn die Antwort aus London da sei, hieß es.
Aus EU-Kreisen hieß es, von der Leyens Rechtsberater sähen im Fehlen eines britischen EU-Kommissars kein Hindernis für den Start der neuen Kommission.
Aufforderung der EU-Staaten
Die EU-Staaten hatten ihre Zustimmung zur Verschiebung des Brexits Ende Oktober ausdrücklich mit der Aufforderung an London verbunden, einen Kommissar zu benennen. Allerdings hielten sie auch fest, dass der Aufschub in keinem Fall das Funktionieren der Europäischen Union und ihrer Institutionen behindern dürfe. Das wird als eine Art Öffnungsklausel verstanden, die den Weg zu einer Ausnahmeregelung ebnen dürfte. Wie dies genau aussieht, dürften die hauseigenen Juristen derzeit prüfen.