Keine Einigung bei CETA EU kann Wallonie nicht umstimmen
Politischer Druck, Gespräche und ein Kompromissvorschlag beim EU-Gipfel haben die belgische Region Wallonie nicht umgestimmt. Sie lehnt das Freihandelsabkommen CETA weiter ab und verhindert damit die geplante Unterzeichnung. Trotzdem verbreitet nicht nur Kanzlerin Merkel Optimismus.
Der EU-Gipfel ist ohne Einigung bei den Gesprächen über das europäisch-kanadische Freihandelsabkommen CETA zu Ende gegangen, das gemäß der ursprünglichen Planung kommende Woche beim EU-Kanada-Gipfel unterzeichnet werden soll. Vor allem der Widerstand der belgischen Region Wallonie, ohne deren Zustimmung die belgische Regierung dem Abkommen nicht zustimmen darf, stellt das Zustandekommen von CETA in Frage. "Ich mache mir weiter Sorgen", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk zum Abschluss des Gipfels.
Der Ministerpräsident der Wallonie, Paul Magnette, erklärte zwar, dass es bei den Verhandlungen am Vormittag in Brüssel Fortschritte gegeben habe. Es seien aber immer noch Differenzen in der Frage der Schiedsgerichte vorhanden. Hier befürchten Kritiker, dass diese von großen Konzerne zu ihren Gunsten ausgenutzt werden können. Einem am Rande des EU-Gipfels zwischen der belgischen Regierung und der EU-Kommission ausgehandelten Kompromiss versagte Magnette seine Zustimmung. "Derzeit ist das Dokument für uns nicht ausreichend", sagte er.
Ihm bleibe nicht anderes übrig, als die Positionierung des wallonischen Parlaments zu respektieren, machte der belgische Regierungschef Charls Michel nach dem EU-Gipfel in Brüssel deutlich. Auch wenn dies dazu führe, dass die aktuelle Situation "äußerst delikat" sei. "Ich bin beunruhigt über den Ernst der Lage", sagte Michel.
Juncker und Merkel glauben an Einigung
Dennoch zeigte sich EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker optimistisch. Er hoffe auf eine einvernehmliche Lösung in den nächsten Tagen, sagte er. Ähnlich äußerte sich Bundeskanzlerin Angela Merkel nach Abschluss der Gipfelgespräche. "Ich bin optimistisch dahingehend, dass man bei CETA vielleicht noch eine Lösung findet", sagte sie, "ich kann dem aber nicht vorgreifen". Auch Frankreichs Staatschef François Hollande äußerte Hoffnung auf eine Einigung. "Ich denke, es ist möglich, einen Kompromiss zu finden, und Kanada unternimmt alle notwendigen Anstrengungen."
Der Druck auf Magnette und seine Regierung, dem geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada zuzustimmen, war in den vergangenen Tagen massiv gestiegen. Während des zweitägigen EU-Gipfels in Brüssel liefen intensive Gespräche mit dem Ziel, die Wallonie zur Zustimmung zu bewegen. Das Parlament der südbelgischen Region hatte vor einer Woche mit deutlicher Mehrheit gegen CETA gestimmt. Das hindert die belgische Zentralregierung daran, das Abkommen im Namen des Landes zu unterzeichnen. Ohne Zustimmung Belgiens könnte CETA nicht in Kraft treten.
Der Ministerpräsident der Wallonie, Paul Magnette, sieht Fortschritte in den CETA-Verhandlungen, bleibt aber bislang bei der Ablehnung.
EU-Handelskommissarin Cecilia Malmström berichtete über Twitter von "intensiven Gesprächen" mit der Wallonie. Die EU-Kommission und Kanada suchten nach einem Ausweg. Sie hoffe, dass eine Lösung so schnell wie möglich gefunden werden könne, schrieb Malmström. Die kanadische Handelsministerin Chrystia Freeland und EU-Vermittler versuchen in Gesprächen mit Magnette, den Vertrag bis zu geplanten Unterzeichnung am 27. Oktober noch zu retten.
Rumänien und Bulgarien wollen zustimmen
Die Bedenken Rumäniens und Bulgariens, hinter deren CETA-Zustimmung ebenfalls noch Fragezeichen standen, wurden unterdessen ausgeräumt. Rumänien und Kanada einigten sich nach Angaben des rumänischen Staatspräsidenten Klaus Iohannis auf eine schrittweise Abschaffung der Visumspflicht im kommenden Jahr. Die Regierung in Bukarest habe nun keine Vorbehalte gegen CETA, so Iohannis. Bulgarien zog seine Einwände ebenfalls zurück. Kanada habe schriftlich zugesagt, dass bis Ende 2017 die Visapflicht für Bulgaren bei Reisen nach Kanada wegfallen werde, sagte der bulgarische Ministerpräsident Boiko Borissow.
Merkel wollte schärfere Formulierung zu Russland
Bei einem anderen Thema des EU-Gipfels, der Reaktion der Europäer auf das russische Vorgehen in Syrien, machte Kanzlerin Merkel deutlich, dass dass sie eine schärfere Formulierung zu möglichen Maßnahmen auch gegen Russland vorgezogen hätte. Die 28 Staats- und Regierungschefs hatten sich nicht auf eine Drohung mit "restriktiven Maßnahmen" einigen können, die Wortwahl wurde abgemildert. Merkel wollte nichts dazu sagen, auf wessen Betreiben die Formulierung abgeschwächt wurde. Man werde aber wenn nötig auch wieder auf Sanktionen zurückkommen, sagte sie.
Kanzlerin Merkel war in Brüssel für deutlichere Drohungen in Richtung Russland.
"Wir fordern ein Ende der Angriffe, eine dauerhafte Feuerpause und vor allem einen Zugang für humanitäre Hilfsleistungen für die Bevölkerung", sagte Merkel. Sie sprach von "barbarischen" Aktionen. Die Verantwortlichen müssten sich dafür verantworten. Die EU sei sich einig, dass alle verfügbaren Optionen gegebenenfalls genutzt werden müssten, falls die Situation anhalte. Die Schlussfolgerungen der 28 EU-Staaten seien das Minimum dessen, was nötig sei, sagte Merkel.