EU-Gipfel in Salzburg Tusk setzt May unter Druck
Der EU-Ratsvorsitzende Tusk ist mit dem Vorschlag der britischen Regierung für den Brexit unzufrieden. Er forderte zum Auftakt des EU-Gipfels in Salzburg, jeden Tag, der übrig bleibt, für Verhandlungen zu nutzen.
EU-Ratspräsident Donald Tusk ist von zentralen Teilen der Brexit-Vorstellungen der britischen Regierung nicht überzeugt. "Die Vorschläge Großbritanniens werden überarbeitet und weiter verhandelt werden müssen", sagte er. Er verwies auf die Haltung der Regierung zur irischen Grenze und wirtschaftlichen Zusammenarbeit.
Tusk erhöhte damit den Druck auf die Minderheitsregierung der britischen Premierministerin Theresa May. Großbritannien soll Ende März aus der EU austreten. Beide Seiten sind bestrebt, in den kommenden Wochen ein Abkommen zu treffen, damit die Parlamente genug Zeit haben, es zu ratifizieren.
Premier May und Kanzler Kurz in Salzburg. Es wird erwartet, dass May die EU-Staats- und Regierungschefs drängen wird, einen Kompromiss einzugehen.
Keine harte Grenze zu Nordirland - aber wie?
Das größte Hindernis auf dem Weg zu einem Abkommen über die künftigen Beziehungen zwischen Großbritannien und der Europäischen Union ist die bislang mangelnde Einigkeit zum Transport von Personen, Waren und Dienstleistungen über die Grenze zwischen der Republik Irland und Nordirland, das zum Vereinigten Königreich gehört. Es wird erwartet, dass May die EU-Staats- und Regierungschefs drängen wird, einen Kompromiss einzugehen.
Beide Seiten wollen eigenen Angaben zufolge dafür sorgen, dass es keine harte Grenze um Nordirland gibt. Die EU hat angeboten, Nordirland in ihrer Zollunion zu lassen. Waren könnten auf dem Weg nach Nordirland in Unternehmen und Märkten innerhalb des Vereinigten Königreichs kontrolliert werden, sagte der EU-Brexit-Chefunterhändler Michel Barnier.
Die britische Regierung argumentiert, dass dies das Vereinigte Königreich untergraben würde, weil Nordirland anders als der Rest des Landes behandelt würde. May will das gesamte Vereinigte Königreich im EU-Binnenmarkt für Waren lassen.
Dissens bleibt zunächst bestehen
May sagte nun zu Reportern, ihr Plan sei "der einzig glaubwürdige und verhandelbare Plan auf dem Tisch, der keine harte Grenze in Nordirland" zur Folge habe. Tusk sagte: "Jeden Tag, der übrig bleibt, müssen wir für Verhandlungen nutzen." Er wolle, dass im Herbst ein Abkommen abgeschlossen werde.
Bundeskanzlerin Angela Merkel warb für einen Brexit "in guter Atmosphäre" und in "großem Respekt vor einander". In einigen Punkten sei eine gute Zusammenarbeit möglich, etwa bei der inneren und äußeren Sicherheit. Ähnlich hatte sich zuvor auch Tusk geäußert.
Barnier hatte gestern gewarnt, dass ein Gipfel der Staats- und Regierungschefs am 18. Oktober in Brüssel "der Moment der Wahrheit" sein werde. Tusk rief zu einem neuen Gipfel Mitte November auf. Das würde bedeuten, dass sich die Staats- und Regierungschefs einmal im Monat treffen, um über den Brexit zu sprechen.
Der österreichische Bundeskanzler Sebastian Kurz sagte, für ein Abkommen zwischen EU und Großbritannien sei ein Kompromiss notwendig.
Juncker deutet Bewegung im Migrationsstreit an
Bis Donnerstag findet in Salzburg ein Treffen von EU-Spitzenpolitikern statt. Thema ist ebenfalls der Dauerstreit über die Verteilung von Flüchtlingen in Europa. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker deutete einen Kurswechsel an. Er rückte von der Haltung ab, dass alle Mitgliedsstaaten zumindest einige Menschen aufnehmen müssten. Staaten, die dies nicht könnten oder wollten, "müssen sich in Sachen Solidarität bewegen", sagte Juncker.
Das könnte Bewegung in den EU-Streit bringen, wäre aber auch eine Abkehr von Merkels langjähriger Linie. Die Kanzlerin äußerte sich in Salzburg zunächst nicht zu der Flüchtlingsverteilung, sondern sprach sich erneut für einen besseren Schutz der EU-Außengrenzen aus und begrüßte die geplante engere Zusammenarbeit mit nordafrikanischen Staaten.