EU-Gipfel beschließt freiwillige Schritte Flüchtlingsquote nach Streit gekippt
Die Debatte dauerte lange und war hitzig. Am Ende setzten sich auf dem EU-Gipfel wie erwartet die osteuropäischen Staaten durch, die eine verbindliche Quote für die Verteilung von 60.000 Flüchtlingen ablehnten. Stattdessen wurden freiwillige Schritte vereinbart.
Auf dem EU-Gipfel haben sich die Staats- und Regierungschefs auf die Verteilung von 60.000 Flüchtlingen geeinigt. Nach einer stundenlangen, streckenweise emotional geführten Debatte fiel in der Nacht die Entscheidung gegen eine verbindliche Verteilungsquote, wie sie die EU-Kommission vorgeschlagen hatte. Stattdessen soll die Aufteilung auf freiwilliger Basis erfolgen.
Bundeskanzlerin Angela Merkel betonte aber, dass sich alle EU-Staaten verpflichtet hätten, Flüchtlinge aufzunehmen. Der EU-Ratspräsident Donald Tusk erklärte ebenfalls: "Alle Staaten haben Zusagen gemacht." Ausnahmen seien nur Ungarn und auch Bulgarien. Diese unterlägen einem "großen Migrationsdruck" und würden deshalb als Sonderfälle behandelt. Großbritannien muss sich wegen eines "Opt-Out" ohnehin nicht an der Verteilung beteiligen.
"Zeigt entweder Solidarität oder verschwendet nicht unsere Zeit"
Die Debatte über die Flüchtlingspolitik zog sich auf dem Gipfel über mehrere Stunden hin und dauerte bis tief in die Nacht. Der italienische Regierungschef Matteo Renzi warf einem Teil seiner Kollegen, die verpflichtende Quoten zur Verteilung ablehnten, einen Mangel an Solidarität vor. "Wenn dies Eure Idee von Europa ist, dann könnt Ihr sie behalten", sagte Renzi italienischen Angaben zufolge. "Zeigt entweder Solidarität oder verschwendet nicht unsere Zeit." Nach den Beratungen wertete er die Beschlüsse lediglich als "ersten Schritt".
Merkel sprach von einer "sehr engagierten Diskussion" und nannte die Flüchtlingsfrage eine der "größten Herausforderungen, die ich in meiner Amtszeit bezüglich der Europäischen Union gesehen habe". Sie sehe hier "eine riesige Aufgabe auf uns zukommen". Europa müsse zeigen, ob es dieser Aufgabe gewachsen sei. Denn bei den Mitgliedstaaten gebe es je nach Betroffenheit "sehr unterschiedliche Betrachtungsweisen", sagte Merkel. "Deutschland hat ja einen sehr hohen Anteil an den Flüchtlingen in diesem Jahr", fügte sie hinzu. "Trotzdem sind wir - und das ist ja bekannt - eher einer Quotenregelung zugeneigt als andere Länder das sind."
EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker fasste die Gipfel-Ergebnisse mit den Worten zusammen: "Das gibt 60.000 Menschen eine Lebensperspektive". Er sprach von "einer schwierigen Diskussion". Angesichts der Dimension des Problems sei die Verteilung von insgesamt 60.000 Menschen "eine bescheidene Anstrengung". Dies zeige, "dass Europa nicht auf Höhe der Prinzipien ist, die es fordert". Frankreichs Staatspräsident François Hollande sagte über die Debatte: "Es gab Momente der Spannung."
Umverteilung von 40.000 Flüchtlingen
Die Einigung sieht im Detail vor, innerhalb von zwei Jahren 40.000 Flüchtlinge innerhalb Europas umzuverteilen, die derzeit in Italien und Griechenland untergebracht sind. Die sind die beide Staaten, wo am meisten Flüchtlinge über das Mittelmeer ankommen. Sie hatten darauf gedrängt, dass sich die anderen EU-Staaten stärker an der gemeinsamen Aufgabe beteiligen.
Welches Land wieviele Menschen aufnehmen wird, sollen die EU-Innenminister nach Angaben von EU-Ratspräsident Donald Tusk bis Ende Juli im Detail klären. Nach Angaben der Bundesinnenministeriums wird Deutschland etwa 8000 Flüchtlinge aufnehmen.
Vereinbart wurde auch, dass zusätzliche 20.000 Flüchtlinge in die EU kommen sollen und dann auf die Mitgliedsstaaten verteilt werden. Dabei geht es vor allem um Menschen, die aus Syrien stammen und vor den dortigen Kämpfen in die Nachbarländer geflohen sind.