EU-Herbstgipfel Alle Möglichkeiten offen halten
Sollten die Grausamkeiten in Syrien nicht beendet werden, hält sich die EU alle Möglichkeiten gegen Präsident Assad und dessen Unterstützer offen - so lautet ein Punkt, auf den sich die 28 EU-Staaten beim Gipfel in Brüssel verständigen. Weitere Themen: Brexit und CETA.
Noch packen wir neue Folterwerkzeuge nicht aus - aber wir könnten, wenn wir wollten. Das ist die Botschaft, die der EU-Gipfel an Moskau in Sachen Sanktionen senden will. Die deutsche Kanzlerin Angela Merkel hatte zuvor rund sechs Stunden mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in Berlin verhandelt - nun steht erneut eine lange Moskau-Debatte auf dem Programm, diesmal in Brüssel und ohne Putin.
Das Gespräch mit Moskau zu suchen, sei richtig, erklärte die Kanzlerin: "Aber es geht nicht um das Reden um des Redens willen, sondern auch darum, eine Haltung zu verdeutlichen."
Das, was mit russischer Unterstützung in Aleppo passiere, sei völlig unmenschlich gegenüber der Bevölkerung dort, stellte Merkel klar. Sie forderte daher schnellstmöglich einen Waffenstillstand für die Region, "und zwar nicht nur einen über mehrere Stunden am Tag - und dann wieder viele Stunden Bombardement, sondern einen andauernden Waffenstillstand. Vor allem geht es auch darum, humanitäre Hilfe zu den Menschen zu bekommen."
In der vorbereiteten Abschluss-Erklärung des EU-Gipfels findet sich nun der Satz, dass man sich alle Möglichkeiten offenhalte, sollten die Grausamkeiten nicht beendet werden, auch die Möglichkeit weiterer Strafmaßnahmen gegen die Unterstützer des Regimes von Machthaber Assad, was im Klartext heißt: Die EU droht Russland mit neuen Sanktionen, ohne diese jedoch bereits zu beschließen.
"Wir müssen angesichts der russischen Aggression eine harte und geschlossene Haltung zeigen. Wir müssen weiter zusammen daran arbeiten, Druck auf Russland auszuüben, damit es seine abstoßenden Gräueltaten, seine widerlichen Gräueltaten in Syrien stoppt", so die deutlichen Worte der britischen Premierministerin Theresa May. Sie stellte klar, dass es die Briten waren, die das russische Verhalten in Syrien überhaupt auf die Tagesordnung dieses Gipfels gesetzt hatten.
Ein starker Partner nach dem Brexit
Was den Brexit, also die Abnabelung des Vereinigten Königreichs von der EU betrifft, so war May zumindest den Journalisten in Brüssel gegenüber weniger klar in ihrer Wortwahl: "Großbritannien verlässt die EU, aber wir werden weiter unsere Rolle als Mitglied voll wahrnehmen. Und wir werden ein starker und verlässlicher Partner nach dem Austritt bleiben."
Zumindest in Umrissen wollten die verbliebenen 27 EU-Staaten beim Abendessen von Frau May erfahren, wie sie sich die zukünftige Beziehung - nach der Scheidung - vorstellt.
Der Moment der Wahrheit
Es war noch nicht mal ein voller Mitglieds-Staat, sondern eine Region - die französisch-sprachige Wallonie nämlich, die dafür gesorgt hatte, dass auch das EU-Kanada-Handelsabkommen CETA zum Gipfel-Thema wurde. Die Wallonen leisten nach wie vor Widerstand gegen den Pakt. Ohne deren Zustimmung aber kann Belgien nicht unterzeichnen und ohne Belgien wiederum die EU nicht mit Kanada.
"Ich fürchte, dass CETA unser letztes Handels-Abkommen sein könnte", sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk und verlieh der Sorge Ausdruck, die EU könne auf internationaler Bühne ein Riesen-Peinlichkeit erleben und als Verhandlungspartner künftig ausfallen.
Der belgische Premier Charles Michel, der das Abkommen will, sagte, er hoffe, dass man in den nächsten Stunden oder Tagen Klarheit habe. Man sei dicht dran am Moment der Wahrheit.