Timmermans zum Klimaschutz "Wir haben uns alle verpflichtet"
Der Wandel hin zu einer klimaneutralen EU wird schwierig, dessen ist sich der Vizepräsident der EU-Kommission, Timmermans, im tagesthemen-Interview bewusst. Doch es sei zu schaffen - und werde alle begeistern.
Frans Timmernans ist überzeugt, dass die EU das selbstgesteckte Ziel erreichen kann, bis 2050 klimaneutral zu werden, wie der Vizepräsident der EU-Kommission im Interview mit den tagesthemen betonte. Seine Behörde hatte zuvor den "Green Deal" vorgestellt - das Maßnahmenpaket der EU, um die Klimaneutralität auch Realität werden zu lassen.
"Viele Leute haben Schwierigkeiten, zu verstehen, dass wir unser Leben wirklich ändern müssen", räumte Timmermans ein. Aber die Menschen würden "begeistert sein", wenn sie merkten, dass durch die Veränderung neue Jobs entstünden, die Luft sauberer würde und Mobilität geschaffen werde, die sie sich leisten könnten. "Dass das Leben besser wird und die Wirtschaft wächst", fasste der Niederländer zusammen.
Keine Kohle und klimaneutrales Fliegen bis 2050
Doch wie soll diese Veränderung aussehen? Bis 2050 werde kein Kohlekraftwerk mehr in Betrieb sein, so Timmermans. Dass Gleiches für Kernkraftwerke gilt, schloss der EU-Kommissionsvize eher aus. Zumindest werde nicht mehr, "sondern eher weniger" Kernenergie verbraucht werden. Überzeugt zeigte sich Timmermans, dass bis 2050 keine Verbrennungsmotoren mehr genutzt und in Flugzeugen Brennstoffe verwendet würden, die klimaneutral seien. "Das ist technisch möglich."
Als schwierig dürfte sich die klimafreundliche Umstellung in der Landwirtschaft erweisen. Bis 2050 werde EU-weit kaum reine Bio-Agrarwirtschaft betrieben werden können, sagte Timmermans. Doch die EU könne den Landwirten helfen, "dass sie nachhaltig arbeiten und die Biodiversität schützen können".
Der "schwierige" Abschied von der Kohle
Noch treffen einige Punkte des "Green Deals" allerdings auf Widerstand, etwa von Polen, Ungarn und Tschechien, deren Wirtschaft und Energieversorgung noch stark auf Kohle ausgerichtet sind. "Auch diese Länder haben begriffen, dass sie so nicht weitermachen können", hielt Timmermans dagegen. Sie müssten sich - wie Deutschland auch - "von der Kohle befreien". Er sei sich bewusst, dass das schwierig sei. "Meine beiden Großväter sind auch Bergarbeiter gewesen". "Wenn fast 80 Prozent der Energieversorgung aus Kohle kommt und man muss sich davon befreien, dann braucht man Hilfe" betonte Timmermans. Daher könne er nachvollziehen, dass etwa Polen auf die Solidarität anderer EU-Mitglieder poche.
Klimaschutz - eine Pflicht für alle
Aber: "Alle EU-Staaten haben sich verpflichtet, bis 2050 kohlenstoffneutral zu sein", fügte Timmermans hinzu. Immerhin hätten alle das Pariser Klimaabkommen unterzeichnet. Und es sei die Rolle der EU-Kommission, darauf zu drängen, "dass man hält, was man versprochen hat".
Jeder müsse den Klimaschutz vorantreiben - die EU-Kommission, das EU-Parlament und die EU-Mitgliedsstaaten. Bei Verstößen werde es auch Sanktionen geben. "Das ist unsere Verpflichtung unseren Kindern gegenüber", unterstrich Timmermans.