EU-Parlamentarier verweigern Posten Ungarns Kandidat fällt durch
Einer der Wackelkandidaten für die neue EU-Kommission ist vorerst gescheitert: Der Kulturausschuss des EU-Parlaments sprach sich gegen den Ungarn Navracsics aus. Der Mann der Orban-Regierung sollte für Kultur und Bildung zuständig sein.
Das Europaparlament verweigert dem Kandidaten Ungarns für die neue EU-Kommission, Tibor Navracsics, den für ihn vorgesehenen Posten. Der Kulturausschuss des Abgeordnetenhauses sprach sich mehrheitlich dagegen aus, ihn zum Kommissar für Bildung, Kultur, Jugend und Bürgerschaft zu machen, teilten mehrere Abgeordnete mit. Ein anderer Posten in der Kommission sei für ihn aber denkbar.
"Erste Niederlage für Juncker", schrieb der spanische Grünen-Abgeordnete Ernest Maragall bei Twitter. 14 Mitglieder des Kulturausschusses hätten gegen Navracsics gestimmt, teilte Maragall mit, zwölf für ihn.
Zu nah an Orbans Pressepolitik
Navracsics steht in der Kritik, weil die ungarische Regierung unter Ministerpräsident Viktor Orban das Presserecht massiv eingeschränkt hat. In seiner Anhörung durch den Kulturausschuss des Europaparlaments in der vergangenen Woche hatte Navracsics zunächst Kritik an der Medien- und Gesellschaftspolitik seines Landes strikt zurückgewiesen. In einer schriftlichen Stellungnahme versuchte Navracsics dann später, sich ein wenig von der Politik Orbans zu distanzieren.
Parlamentskreisen zufolge könnte der künftige EU-Kommissionschef Jean-Claude Juncker Navracsics jetzt den Bereich Bürgerschaft entziehen, um eine Berufung des Ungarn zu ermöglichen.
Ausschüsse müssen Ja sagen
Die zuständigen Ausschüsse des EU-Parlaments müssen die Bewerber für die Kommissarsposten bestätigen, bevor im Plenum über die gesamte Mannschaft Junckers abgestimmt wird. Der Ungar ist der erste Kandidat, dem die Abgeordneten den für ihn vorgesehenen Posten verweigern.
Neben Navracsics gelten noch einige weiter Politiker als Wackelkandidaten - darunter der Franzose Pierre Moscovici (Wirtschaft und Finanzen) und der Brite Jonathan Hill (Finanzmärkte). Nach Recherchen des ARD-Studios Brüssel wird auch die für das Ressort der Energie-Union designierte Vizepräsidentin Alenka Bratusek aus Slowenien von den Sozialdemokraten und zahlreichen Christdemokraten abgelehnt. Sie steht wegen Korruptionsvorwürfen im Zusammenhang mit ihrer Nominierung in der Kritik.