EU legt Reformvorschläge vor Brüssel kommt London entgegen
EU-Ratspräsident Tusk hat Vorschläge für eine Reform der EU vorgelegt. Darin wird Großbritannien unter anderem eine Beschränkung von Sozialleistungen für EU-Ausländer in Aussicht gestellt. Laut Premier Cameron könnte das Referendum über einen "Brexit" schon im Juni sein.
Die Verhandlungen waren lang und zäh - nun hat die EU-Führung Großbritannien einen Kompromissvorschlag vorgelegt, der einen drohenden "Brexit" verhindern soll.
Dazu gehört eine "Notbremse", die es erlaubt, bestimmte Sozialleistungen für zugewanderte EU-Bürger zu beschränken, teilte EU-Ratspräsident Donald Tusk in Brüssel mit. Der Vorschlag kommt damit einer wesentlichen Forderung von Premierminister David Cameron entgegen, Sozialleistungen für EU-Ausländer für bis zu vier Jahre zu beschränken.
Zudem wird London zugesagt, dass die Rechte von Nicht-Euro-Staaten geschützt sowie die Rolle nationaler Parlamente und die Wettbewerbsfähigkeit gestärkt werden sollen.
Gerade im Hinblick auf die vorgeschlagene "Notbremse" werden Gremien wie der Europäische Gerichtshof genau darauf achten, dass europäisches Recht gewahrt bleibt, meint ARD-Korrespondent Rolf-Dieter Krause. Denn: Die Vorteile, die Großbritannien eingeräumt laut Tusks Konzept werden sollen, dürfen nicht die Diskriminierung von EU-Bürgern zur Folge haben.
"Gute Grundlage für einen Kompromiss"
Tusk sprach von einer "guten Grundlage für einen Kompromiss". Der Vorschlag an Großbritannien gehe "wirklich weit" dabei, die Bedenken Camerons aufzugreifen, erklärte er. Prinzipien, auf denen das europäische Vorhaben errichtet sei, würden gleichzeitig aber nicht verletzt.
In dem Text wird auch klargestellt, dass Großbritannien nicht verpflichtet ist, sich politisch weiter in die EU zu integrieren. Es handelt sich bisher um einen Vorschlag Tusks, nicht aller 28 EU-Staaten. Der EU-Ratspräsident schickt den Vorschlag nun zur Prüfung an die anderen EU-Mitgliedstaaten. Die Verhandlungen würden "weiter anspruchsvoll", so Tusk. "Nichts ist vereinbart, bis alles vereinbart ist." Eine endgültige Entscheidung soll beim EU-Gipfel am 18. und 19. Februar in Brüssel fallen.
Ab heute kämpft Cameron für Verbleib in der EU
Cameron begrüßte die Reformvorschläge als "echten Fortschritt". Es sei aber "noch mehr Arbeit zu tun". Jedoch machte der Premier klar, dass er ab heute dafür kämpfen wird, dass sein Land in der EU bleibt: "Großbritannien geht es besser, ist sicherer und wohlhabender, unsere Menschen und unsere Familien haben bessere Chancen, wenn wir in dieser reformierten Europäischen Union bleiben."
Wenn der EU-Gipfel in zwei Wochen grünes Licht gibt, dann könnte das Referendum in Großbritannien noch im Juni, vor den britischen Sommerferien, stattfinden, kündigte Cameron an.
Würde die Entscheidung über Austritt oder Verbleib im Parlament fallen, hätten die Gegner der britischen EU-Mitgliedschaft keine Chancen. Denn auch die größeren Oppositionsparteien, die schottischen Nationalisten, Labour und die Liberaldemokraten wollen, dass Großbritannien Mitglied bleibt. Doch die Entscheidung treffen jetzt die Bürger, und die, so sagen die Umfragen, sind zunehmend unzufrieden mit dem Zustand der Europäischen Union. Eine Mehrheit für den Verbleib ist nicht mehr sicher.
Mit Informationen von Jens-Peter Marquardt, ARD-Studio London