Polens Justizreform EU-Kommission legt gegenüber Polen nach
Die EU-Kommission will umgehend reagieren: Sollte die polnische Regierung die umstrittene Justizreform in Kraft setzen, will Brüssel "sofort" ein Verfahren in Gang setzen. Die Kommission präzisierte damit ihre Drohung und erhöhte den Druck.
Wegen der umstrittenen Reform des Obersten Gerichtshofs hat die EU-Kommission Polen erneut mit der Einleitung eines Verfahrens zum Stimmrechtsentzug auf europäischer Ebene gedroht und mögliche Schritte genauer skizziert. Die Behörde werde das Verfahren nach Artikel 7 EU-Vertrag sofort auslösen, wenn die Regierung tatsächlich Richter des Gerichtshofs in den Ruhestand zwinge, sagte Kommissionsvizepräsident Frans Timmermans.
Vize-Kommissionspräsident Timmermans droht Polen mit Sanktionen.
Er kündigte gleichzeitig ein Vertragsverletzungsverfahren an, sobald das verabschiedete Gesetz zur Neuordnung der normalen Gerichte in Polen veröffentlicht werde.
Die Kommission bekräftigte, sie habe "schwere Bedenken" gegen die geplanten Justizreformen. Sie forderte die rechtskonservative Regierung auf, "diese Probleme binnen eines Monats anzugehen". In der Empfehlung wird verlangt, "Gesetze zur Reform des Justizwesens entweder zurückzuziehen oder sie in Übereinstimmung mit der polnischen Verfassung und europäischen Standards zur Unabhängigkeit des Justizwesens zu bringen".
Polen spricht von Erpressung
Polens Regierung kritisierte die Ankündigung der EU-Kommission scharf. "Wir werden Erpressung von Seiten EU-Beamter nicht akzeptieren", sagte ein Regierungssprecher laut der Agentur PAP. "Alle Gesetzentwürfe, die von Polens Parlament vorbereitet werden, entsprechen der Verfassung und demokratischen Grundsätzen", verteidigte er die Justizreform.
Erste Gesetze bereits unterschrieben
Das polnische Parlament hatte in den vergangenen Wochen mehrere Gesetze verabschiedet, die der Regierung praktisch freie Hand bei der Besetzung der Richterposten in Polen lassen würden. Staatspräsident Andrzej Duda legte am Montag sein Veto gegen die Gesetze zur Reform des Obersten Gerichts und des Landesrichterrats (KRS) ein. Doch er unterschrieb am Dienstag ein Gesetz zur Reform der allgemeinen Gerichte.
Starke, aber stumpfe Waffe
Der Entzug von Stimmrechten ist die schwerste Sanktion der EU für ihre Mitgliedstaaten. Angedroht wurde diese Sanktion schon vielen Ländern, darunter Rumänien und Ungarn. Angewandt wurde die Maßnahme aber bisher nie. Das mehrstufige Verfahren erfordert unter anderem, dass die anderen EU-Staaten einstimmig "eine schwerwiegende und anhaltende Verletzung" europäischer Grundwerte feststellen.
Im Falle Polens hat Ungarn aber bereits klargemacht, dass es Sanktionen gegen Warschau nicht mittragen würde. Ministerpräsident Viktor Orban hatte am Samstag erklärt, man werde Polen gegen die "Inquisition" verteidigen, die dem Land seitens der EU drohe. Timmermans, sei "der Großinquisitor", dessen Ziel eine Verurteilung Polens sei, sagte Orban. Dies werde nie zum Erfolg führen, denn Ungarn werde jedes rechtliche Mittel nutzen, um sich mit Polen solidarisch zu zeigen.