Widerstand gegen gemeinsame EU-Verteidigungspolitik Die Briten bleiben die Bremser
Die EU steckt in der Krise, doch davon lassen sich Deutschland und Frankreich nicht aufhalten: Sie wollen eine engere Militärzusammenarbeit. Doch kaum geisterte das Wort EU-Armee durch den Raum, regten sich Widerstände. Vor allem aus Großbritannien.
Wie schwierig die Zusammenarbeit der EU mit den austrittswilligen Briten in nächster Zeit noch werden kann, dafür gibt es nun erste unheilvolle Anzeichen. In der Verteidigungspolitik droht ein handfester Streit: Schon immer galten die Briten als Bremser, wenn es um eine stärkere Europäisierung in militärischen Fragen ging. Und bei dieser Haltung wollen sie offenbar bleiben, solange sie noch Teil der EU sind: "Wir stimmen zu, dass Europa Herausforderungen wie Terrorismus und Migration angehen muss. Aber wir werden weiter jegliche Vorhaben einer EU-Armee oder auch eines EU-Armee-Hauptquartiers ablehnen. Das würde schlicht die NATO untergraben", droht der britische Verteidigungsminister Michael Fallon.
Seine deutsche Amtskollegin Ursula von der Leyen war nicht die einzige, die sich beeilte klarzustellen: Es sei ja überhaupt nicht vorgesehen, eine solche EU-Armee aufzubauen: "Im Gegenteil: Es geht darum, die unterschiedlichen Stärken der europäischen Länder besser zusammenzufassen, damit wir gemeinsam schnell handlungsfähig sind."
Was sagt die NATO zu den EU-Plänen?
Zum Thema Bündelung der EU-Kräfte bei der Verteidigung kursieren gerade jede Menge Papiere: Ein deutsch-französisches, eines der EU-Außenbeauftragten Federica Mogherini. In keinem der beiden wird eine "EU-Armee" auch nur mit einer Silbe erwähnt. Offizielle erklären, wenn überhaupt, dann sei dies auch eher eine Sache von Jahrzehnten denn von Jahren. Und was die NATO betrifft, so trat Generalsekretär Jens Stoltenberg nun symbolträchtig gemeinsam mit der EU-Außenbeauftragten vor die Presse und erklärte: "Es gibt keinen Widerspruch zwischen einer starken europäischen Verteidigung und einer starken NATO. Beides verstärkt sich gegenseitig." Worte, die geeignet schienen, britische Bedenken zu zerstreuen. Doch die dürften weiter bestehen.
Warnung aus London
Dass Verteidigungsminister Fallon erklärte, seine Regierung werde sich nicht nur gegen eine EU-Armee, sondern gegen ein EU-Militär-Hauptquartier stemmen, dürfen die Deutschen und die Franzosen durchaus als Warnung auffassen. Denn genau das wollen Berlin und Paris - und übrigens auch die EU-Kommission - mittelfristig, um von dort aus die zahlreichen, bereits laufenden EU-Militär-Missionen zu leiten. Die entscheidende Frage lautet nun: Wie soll eine "Europäische Verteidigungsunion" gegen den britischen Widerstand durchgesetzt werden. Denn dass man die Zusammenarbeit vertiefen muss, hält die Bundesregierung für dringend geboten: "Das Thema Sicherheit ist wichtig für die Menschen, das merken wir bei allen Umfragen, bei allen Forderungen, die die Menschen an Europa stellen. Hier bleibt Europa zu oft unter seinen Möglichkeiten", betonte von der Leyen.
Machen es Berlin und Paris alleine?
Eine mögliche Lösung für den drohenden Streit mit den Briten findet sich im deutsch-französischen Papier und trägt den etwas sperrigen Namen 'ständige strukturierte Zusammenarbeit': Dahinter verbirgt sich die von den EU-Verträgen vorgesehene Möglichkeit, dass sich einige Staaten enger verzahnen und schneller voranschreiten als andere. Dies könnte beim Thema Verteidigung nun passieren. Das hätte den Vorteil, dass nicht ein Land alle anderen blockieren könnte.
Aus Sicht der Befürworter würden im Idealfall dabei, wenn sich nur die Briten sperren würden, alle anderen 27 EU-Staaten mitmachen. Ob das so kommt, wird sich in den nächsten Wochen zeigen. Klar ist nur eins: Viele in der EU scheinen zu glauben, dass die Zeiten der Rücksichtnahme auf die Briten endgültig vorbei sind.