Großbritannien vor der Europawahl EU-Kritiker punktet bei Rededuell
Mit Parolen gegen Europa und Einwanderung erntet die rechtspopulistische UKIP in Großbritannien Zuspruch. Deren Vorsitzender Farage trat nun zum Rededuell gegen den liberalen Vizepremier Clegg an - und siegte laut Umfragen.
Von Jens-Peter Marquardt, ARD-Hörfunkstudio London
Es war ein klarer Punktsieg für die britischen EU-Gegner: In einer Blitzumfrage nach dem Duell fanden 57 Prozent der Befragten Nigel Farage überzeugender - den Vorsitzenden der United Kingdom Independence Party (UKIP), der Großbritannien aus der Europäischen Union herausführen will. Nur 36 Prozent sprachen sich für Vize-Premierminister Nick Clegg aus, den Vorsitzenden der Liberaldemokraten, die so vehement wie keine andere britische Partei für den Verbleib in der EU kämpfen.
"Wir sind besser dran in Europa"
Clegg hatte versucht, vor allem mit wirtschaftlichen Argumenten zu überzeugen. Die britische Wirtschaft brauche den gemeinsamen Markt, sagte er. Drei Millionen Arbeitsplätze in Großbritannien hingen vom Handel mit der EU ab: "Es geht um Ihre Jobs. Wir sind besser dran in Europa, reicher, stärker und sicherer."
EU-Gegner Farage ist dagegen der Meinung, dass die britischen Unternehmen besser dran seien ohne die Regulierung durch die EU-Kommission. Die Briten sollten wieder allein entscheiden können und nicht weiter den Vorgaben aus Brüssel folgen: "Diese Debatte verläuft zwischen einem müden Status Quo, der eine zerbröselnde EU verteidigt, die nicht mehr funktioniert, und einem neuen Ansatz, der sagt: Lasst uns freundlich zu den Europäern sein, lasst uns mit ihnen Handel treiben, aber ihre Institutionen sollen uns nicht regieren."
Ein Horrorszenario der Freizügigkeit
Farage versuchte vor allem die Ängste der Briten vor zu vielen Einwanderern für seine Ziele zu nutzen. Er malte ein Horrorszenario der Freizügigkeit in der EU: 485 Millionen Menschen stünden jetzt vor der offenen Tür Großbritanniens. Clegg warf dem UKIP-Führer daraufhin vor, die Fakten zu verdrehen: Die UKIP behaupte in einem Flugblatt, 29 Millionen Bulgaren und Rumänen könnten jetzt nach Großbritannien kommen. Es gebe aber gar nicht so viele Menschen in diesen Ländern. Die EU-Zuwanderer seien auch keine Belastung für das britische Sozialsystem. Vielmehr hielten die Zuwanderer den Sozialstaat mit ihren Steuern und Sozialabgaben am Laufen.
Am Ende des lebhaften Duells entpuppte sich EU-Gegner Farage auch noch als Putin-Freund. Die Europäer sollten sich wegen der Osterweiterung in Grund und Boden schämen. Die EU habe im Osten eine expansionistische, imperialistische Politik betrieben, sie habe die Ukrainer ermutigt, Putin zu provozieren. Die EU habe in der Ukraine Blut an den Händen, sagte Farage.
Clegg muss zittern
Je länger das Duell dauerte, desto mehr geriet der Rechtspopulist Farage ins Schwitzen. Auch das verhinderte nicht, dass er zum klaren Punktsieger in der Blitzumfrage wurde. Die Meinungsumfragen sagen voraus, dass die UKIP bei der Europawahl kräftig zulegen wird. Einige Demoskopen meinen sogar, sie könnte am Ende stärkste Partei werden, wenn die Wahlbeteiligung sehr gering ausfällt.
Für Europa-Freund Nick Clegg stehen die Zeichen dagegen schlecht: Der kleine Koalitionspartner der Konservativen kann laut Umfragen froh sein, wenn die Liberaldemokraten überhaupt noch einen Sitz im Europaparlament bekommen.