Vorschläge der Zukunftskonferenz Wie die EU handlungsfähiger werden soll
Rund ein Jahr lang tagte die EU-Zukunftskonferenz, um Empfehlungen für ein besseres und bürgernäheres Europa zu erarbeiten. Nun wurden die Reformvorschläge übergeben - und stoßen offenbar auf offene Ohren.
Auf diesen Moment ist lange hingearbeitet worden: Mehr als ein Jahr lang haben Vertreterinnen und Vertreter der EU-Mitgliedsstaaten, des Europaparlaments und der EU-Kommission mit 800 zufällig ausgelosten Bürgerinnen und Bürgern intensiv darüber diskutiert, wie die Europäische Union besser, bürgernäher und schlagkräftiger werden kann.
Nun hat die sogenannte EU-Zukunftskonferenz ihre mehr als 300 Reformvorschläge dazu übergeben. Die Autoren des Berichts appellierten an die EU-Verantwortlichen mit den Worten:
Wir fordern Sie auf, diese Vorschläge als Ganzes zu betrachten und sie umzusetzen - und nicht nur diejenigen, die Ihnen am besten passen und leicht umzusetzen sind.
Mehr Umweltschutz und schnellere Entscheidungen
Inhaltlich verlangt die Konferenz unter anderem mehr Umweltschutz, einen verstärkten Kampf gegen den Klimawandel, europäische Mindestlöhne, eine nachhaltige Landwirtschaft, schnelles Internet für alle, größere Befugnisse für Brüssel in der Gesundheitspolitik und mehr gemeinsame Zukunftsinvestitionen, die mit gemeinsamen Schulden finanziert werden.
Um schneller handeln zu können, soll die EU künftig außerdem in wichtigen Politikbereichen mit einer Mehrheit entscheiden - statt einstimmig wie bisher. Damit würden nationale Vetos praktisch abgeschafft. Das Europaparlament bekäme dagegen mehr Kompetenzen.
EU-Verträge müssten geändert werden
Um die Forderungen der EU-Zukunftskonferenz - und viele andere Vorschläge - in die Tat umzusetzen, müssten aber die EU-Verträge geändert werden. In der Praxis könnte das ein Europäischer Verfassungskonvent vorbereiten.
Vertragsänderungen gelten in der EU allerdings als äußerst kompliziert und langwierig. Die Vorschläge werden nun vom Europäischen Parlament, den EU-Regierungen und der Europäischen Kommission geprüft.
Macron und von der Leyen offen für Änderungen
Der französische Präsident Emmanuel Macron und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigten sich offen für etwaige Änderungen der EU-Verträge.
Entscheidungen mit dem Einstimmigkeitsprinzip machten "in einigen wichtigen Bereichen einfach keinen Sinn mehr, wenn wir schneller vorankommen wollen", sagte von der Leyen. Stillstand bedeute Rückschritt.
Die Demokratie endet nicht mit Wahlen.
Macron kündigte an, dass über das Thema bereits beim EU-Gipfel am 23. und 24. Juni diskutiert werden soll. Frankreich hat aktuell noch die EU-Ratspräsidentschaft inne und kann damit Themen setzen.
Ungarn gegen EU-Vertragsänderung
Die Idee, den EU-Vertrag so grundlegend zu ändern, finden aber nicht alle EU-Mitglieder gut: Mehrere EU-Staaten haben bereits Bedenken gegen die Reformvorschläge angemeldet. Das ungarische Parlament hält die Vorschläge etwa für "unannehmbar".
Viele EU-Länder sind außerdem der Ansicht, dass ein langwieriger Prozess zur Änderung der europäischen Verträge, angesichts wirtschaftlicher Probleme nach der Corona-Pandemie, der Auswirkungen der russischen Invasion in der Ukraine und des Klimawandels, nur Ressourcen von der Lösung dringenderer Probleme abziehen und neue Spaltungen verursachen würde.
Mit Informationen von Stephan Ueberbach, ARD-Studio Brüssel