EU-Gipfel in Brüssel Auf der Suche nach dem Weg aus der Krise
Die 27 EU-Staats- und Regierungschefs beraten über Wege aus der Wirtschaftskrise in Europa. Beschlüsse sollen aber weder über ein mögliches Zypern-Hilfspaket noch über Reformmaßnahmen einzelner Länder fallen. Dafür werden Zehntausende Menschen zu Protesten erwartet.
Von Andreas Reuter, HR-Hörfunkstudio Brüssel
Krise, welche Krise? Liest man die Einladung von EU-Ratspräsident Herman van Rompuy, dann könnte man glauben, die Staats- und Regierungschefs träfen sich zum Kaffeekränzchen. Man werde sich die aktuelle wirtschaftliche Lage und die Aussichten für die Zukunft anschauen, politische Orientierungen treffen, so van Rompuy. Der Gipfel der Staats- und Regierungs-Chefs - eine Gelegenheit für Reflektionen: Wo steht die EU? Und wohin geht sie?
Italien ohne Regierung, die drittgrößte Volkswirtschaft im Reformstau - angeblich kein Thema in Brüssel. Das Hilfspaket für Zypern, das neun Monate nach dem Antrag noch immer nicht beschlossen ist - nicht auf der Tagesordnung. Ein Kurswechsel in der Strategie gegen die Euro-Krise, weg vom eisernen Sparen, hin zu mehr Wachstums-Impulsen - keine Rede davon. Jedenfalls nicht innerhalb des Ratsgebäudes.
Vor den Toren dagegen wird der Ruf danach immer lauter. Zehntausende Menschen werden heute zur Demo in Brüssel erwartet. "Wir wollen den Stopp der Politik, wie sie jetzt stattfindet. Wir wollen soziale Politik statt Austerität. Und wir wollen soziale Standards!" So fasst Martin Konecny die Forderungen der Demonstranten zusammen.
Berlin hält an Sparkurs fest
Die Bundesregierung aber lässt sich davon nicht beeindrucken. Es gebe keinen Spielraum, vom Sparkurs abzuweichen, heißt es vorsorglich. Und Wolfgang Schäuble hat darum schnell neue Zahlen auf den Tisch gelegt, mit voller Absicht am Vortag des Gipfels, wie er sagt. Die Eckwerte für den Bundeshaushalt 2014 und den Finanzplan bis 2017. Diese würden belegen, so Schäuble, dass konsequentes und nachhaltiges Haushalten und Wachstum sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern sich gegenseitig positiv bedingen. Dies sei ein starkes Signal für Europa.
Angela Merkel kann indes mal wieder als Musterschülerin auftreten und beifällig nicken, wenn Jose Manuel Barroso, der Chef der EU-Kommission, den Gipfel mit einem kurzen Referat eröffnet. "Wir dürfen nicht die Fehler der Vergangenheit wiederholen und neue Schulden anhäufen", betont Barroso. Zudem dürften "die Struktur-Reformen, die uns Wettbewerbsfähiger machen sollen, nicht auf später verschoben werden".
Selbst heute tief in der Nacht soll es ganz routiniert zugehen, wenn nur die 17 Staats- und Regierungs-Chefs aus den Euro-Ländern zusammenkommen, zum Euro-Sondergipfel, das versichern alle Beteiligten.
Richtig handfest wird es wohl erst am Freitagabend, vielleicht sogar in Sachen Zypern-Rettung. Dann nämlich kommen die Euro-Finanzminister zu einem Sondertreffen zusammen. Angela Merkel und ihre 26 Kollegen aber dürften dann längst auf dem Heimweg sein.