Brüssel präsentiert Plan für verschärfte Kontrollen EU will Außengrenzen viel schärfer überwachen
Die EU-Außengrenzen sollen stärker abgeschottet werden. Ein neuer Plan der EU-Kommission sieht vor, Einreisende anhand ihrer Fingerabdrücke zu identifizieren und die Grenzen per Satellit zu überwachen. Scharfe Kritik an den Plänen kam vom Datenschutzbeauftragten Schaar.
Im Kampf gegen den internationalen Terrorismus, illegale Einwanderung, Schmuggel und Menschenhandel will die Europäische Union ihre Außengrenzen künftig noch strenger abschotten. EU-Innenkommissar Franco Frattini in Brüssel einen Plan vor, wie dies geschehen soll.
So sollen ab 2015 die Fingerabdrücke aller Personen aus Drittstaaten erfasst werden, die in die Europäische Union einreisen. Auch elektronische Kontrollen der Iris sollen an europäischen Flughäfen massiv ausgeweitet werden. Die biometrischen Daten von Nicht-EU-Bürgern sollen in einem Ein- und Ausreiseregister gespeichert werden. Dieses schlägt automatisch Alarm, wenn die Aufenthaltserlaubnis abläuft, bevor der Betroffene wieder ausreist.
Schaar: "Der Heuhafen wird vergrößert"
Der Bundesdatenschutzbeauftragte Peter Schaar kritisierte Frattinis Pläne scharf. Er lehne ein derartiges umfassendes EU-weites Überwachungsinstrument ab, sagte Schaar im tagesschau-Chat. Ob durch ein solches System "tatsächlich ein fühlbarer Sicherheitsgewinn erreicht werden kann, halte ich für höchst zweifelhaft. Vielmehr sehe ich darin einen großen Schritt zur immer lückenloseren Registrierung unseres Reiseverhaltens, denn letztlich werden weitere Staaten folgen, wenn erst Europa einmal diesen Schritt gegangen ist."
Die Initiative der EU-Kommission sei beispiellos, sagte Schaar. "Und sie ist erfolgt, ohne dass - wie von Kommissar Frattini bei seinem Amtsantritt versprochen - irgendein Datenschützer dazu gehört wurde."
Schaar betonte, er halte es "für praktisch überhaupt nicht machbar, lückenlos alle Ein- und Ausreisenden zu erfassen." Wenn etwa bei der Ausreise eine Registrierung aus technischen Gründen nicht möglich sei, solle in solchen Fällen die betreffende Person zukünftig zur Fahndung ausgeschrieben werden. "Hier wird doch eher der Heuhaufen vergrößert und damit die Chance verschlechtert, darin die sprichwörtliche Nadel zu finden", kritisierte Schaar.
Schnellabfertigung für EU-Bürger geplant
Als Ausgleich für die allgemeine Verschärfung der Kontrollen will die Kommission EU-Bürgern und "vertrauenswürdigen" Reisenden aus Drittstaaten eine beschleunigte Abfertigung anbieten. An Grenzübergängen und Flughäfen könnten Lesegeräte aufgestellt werden, die die biometrischen Daten im Reisepass mit denen des Passinhabers abgleichen und dann automatisch eine Schranke öffnen, schlug Frattini vor. In Frankfurt läuft bereits ein Modellprojekt, bei dem Passagiere mittels Iris-Scan identifiziert werden.
Die Vorschläge orientieren sich an den Sicherheitsvorschriften, die nach den Terroranschlägen vom 11. September 2001 in den USA eingeführt wurden. Dort müssen Reisende aus Europa und anderen Weltregionen schon heute ihre Fingerabdrücke abgeben.
Grenzen mit Satelliten und Drohnen überwachen
Zur besseren Überwachung der EU-Außengrenzen schlägt die Kommission den Einsatz von Satelliten und unbemannten Flugzeugen vor. Die Mitgliedstaaten sollten verstärkt in die Entwicklung dieser Technologien investieren, forderte Frattini. "Wir können nicht zulassen, dass die Mafia, Menschenhändler oder Terroristen über bessere Technik verfügen als unsere Polizei", sagte er. Im Blick hat die Kommission dabei besonders die Flüchtlingsströme im Mittelmeer: Satelliten böten die Möglichkeit, große Flächen zu überwachen, eingeschlossen das offene Meer und die Küsten von Drittstaaten, so Frattini.