Treffen der EU-Agrarminister "Feldarbeit statt Papierarbeit"
Pestizide und Flächennutzung: Die EU ist den Bauern bereits entgegengekommen. Minister Özdemir will zudem Bürokratie abbauen. Das Treffen mit seinen Amtskollegen wird dennoch von Protesten begleitet.
An Verständnis für den Protest der Landwirte hat es zu Beginn des EU-Agrarministertreffens in Brüssel nicht gemangelt. Es sei sehr wichtig, die Arbeit der Landwirte zu würdigen, die tagtäglich Nahrungsmittel produzieren, sagte der irische Landwirtschaftsminister Charlie McConalogue. Aber wie diese Würdigung politisch konkret aussehen soll, darüber wird in Brüssel gestritten. Zu vielfältig sind auch die Gründe für den Protest der Bauern in Europa.
Es geht unter anderem um die Angst vor Billigimporten aus Drittstaaten, den Ärger über zu viele Umweltvorgaben im Rahmen des Europäischen Grünen Deals, aber auch um den Ärger über zu viel Bürokratie.
"Das Statistische Bundesamt hat berechnet: Ein durchschnittlicher Landwirt verbringt ein Viertel seiner Zeit am Schreibtisch", so Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir vor dem Treffen in Brüssel. "Also unser Motto muss sein: Das muss dringend runter. Weg mit überbordender Bürokratie. Konzentration aufs Wesentliche. Feldarbeit statt Papierarbeit ist das Motto der Stunde."
Betriebsbesuche, Flächennutzung, Pestizide
Die EU-Kommission stellte dazu in der vergangenen Woche einige Erleichterungen in Aussicht: Im März will sie zunächst eine Online-Umfrage starten, um zu erfahren, wo Landwirte Verbesserungen erwarten. Zudem schlägt die Behörde vor, eine Reihe von Auflagen zu vereinfachen. Dazu zählt die Verpflichtung, Dauergrünflächen seit dem Referenzjahr 2018 stabil zu halten. Auch will die Kommission die Methodik für Kontrollen vereinfachen. Damit soll die Zahl der Betriebsbesuche um bis zu 50 Prozent gesenkt werden.
Ebenso setzte die Kommission bereits eine Regelung rückwirkend zum Januar dieses Jahres aus, wonach Landwirte vier Prozent der Ackerfläche ungenutzt lassen müssen, damit sich dort die Natur erholt. Sie dürfen nun diese Fläche verwenden - vorausgesetzt, sie bauen auf einer bestimmten Fläche Zwischenfrüchte an.
Stimmen für grundlegende Reform mehren sich
Darüber hinaus kündigte die EU-Kommission an, ihren Vorschlag für eine strenge Pestizidverordnung wieder zurückzunehmen. Stattdessen will Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen mit Bauern- und Umweltverbänden eine ausgewogenere Richtlinie erarbeiten. In der nächsten Legislaturperiode nach der Europawahl im Juni soll es dazu einen neuen Anlauf geben.
So weit die kurzfristigen Maßnahmen. Darüber hinaus mehren sich die Stimmen, die langfristige gemeinsame europäische Agrarpolitik (GAP) zu reformieren. Rund ein Drittel der EU-Ausgaben fallen darin für die Landwirtschaft an. Ein Großteil der Gelder wird über den Hektar verteilt, rund ein Viertel der Direktzahlungen ist an die Erfüllung von Umweltvorgaben geknüpft.
Die Proteste in Brüssel verliefen nicht durchweg friedlich.
Lautstarker Unmut auf Brüssels Straßen
Es ist der größte Einzelposten im EU-Haushalt. Jährlich werden rund 55 Milliarden Euro darüber verteilt. Demnächst fangen die Beratungen über die neue siebenjährige Förderperiode ab 2028 an. Er wolle "das sehr klar sagen", so Özdemir: "Man kann die GAP so schreiben, dass es kein Zurücknehmen gibt vom Ambitionsniveau. Aber man kann es klüger machen. Man kann die Digitalisierung nutzen. Man kann sie von überflüssigen Berichtspflichten befreien. Man kann Doppelarbeit reduzieren. Das unterstützen wir."
Wie schon vor einigen Wochen sind auch heute wieder zahlreiche Bauern mit ihren Traktoren nach Brüssel gekommen - und machen lautstark auf ihre Lage aufmerksam.