Urteil des britischen High Court Assange darf Berufung gegen Auslieferung einlegen
Es ist ein Etappensieg für WikiLeaks-Gründer Assange. Er darf in Großbritannien Berufung gegen seine Auslieferung an die USA einlegen. Der High Court in London hält Zusicherungen der US-Seite für nicht ausreichend.
Das juristische Tauziehen um die Auslieferung des in Großbritannien inhaftierten WikiLeaks-Gründers Julian Assange in die USA geht doch noch in eine neue Runde: Assange darf Berufung gegen seine drohende Auslieferung wegen Spionagevorwürfen einlegen. Das entschied der Londoner High Court.
Eine unmittelbare Überstellung des 52-Jährigen an die USA ist damit zunächst abgewendet - zumindest so lange, bis das Berufungsverfahren in Großbritannien abgeschlossen ist. Ein Termin dafür steht noch nicht fest. Assanges Ehefrau Stella sprach von einem Wendepunkt und forderte die USA auf, das Verfahren umgehend einzustellen.
Journalist oder nicht?
Assange ist in den USA wegen Spionage in 17 Fällen und des Vorwurfs des Computermissbrauchs angeklagt, weil er vor fast 15 Jahren auf seiner Enthüllungsplattform WikiLeaks eine ganze Reihe von geheimen US-Dokumenten veröffentlicht hat. In ihnen geht es um das Vorgehen des US-Militärs im Irak und in Afghanistan. Die USA werfen dem Australier unter anderem Geheimnisverrat vor, der Menschenleben gefährdet habe.
Unterstützer sehen Assange dagegen als Journalisten, der mutmaßliche Kriegsverbrechen aufgedeckt hat. Dies sei im Interesse der Öffentlichkeit, der Prozess politisch motiviert, so ihr Vorwurf. Die US-Regierung steht hingegen auf dem Standpunkt, Assanges Handlungen seien über die eines Journalisten hinausgegangen.
Nachdem die Entscheidung des High Courts bekannt geworden war, brach bei Assange-Unterstützern vor dem Gerichtsgebäude Jubel aus.
Jubel vor dem Gerichtsgebäude
Am High Court stand die Frage im Mittelpunkt, ob sich der gebürtige Australier Assange in den USA als ausländischer Staatsbürger auf das Recht der Meinungsfreiheit berufen kann. Die Richter hatten die Entscheidung Ende März zunächst vertagt und Zusicherungen aus den USA gefordert. Diese überzeugten das Gericht jedoch zunächst nicht.
Assange war nach Angaben seines Rechtsbeistandes aus gesundheitlichen Gründen nicht im Gericht anwesend. Das US-Justizministerium wollte sich zu dem anhängigen Gerichtsverfahren nicht äußern.
Vor dem Gerichtsgebäude in London hatten sich Hunderte Demonstranten versammelt. Die Entscheidung des High Courts wurde von ihnen mit Jubel aufgenommen.
Anwalt: "Eklatant unzureichende" Zusicherungen
Im März hatte der High Court die Auslieferung Assanges an die USA vorerst blockiert. Zwei Richter des High Courts forderten, die USA müssten garantieren, dass Assange im Falle einer Verurteilung keine Todesstrafe drohe. Dazu gab es nun die weitere Anhörung.
Anwälte Assanges erklärten vor Gericht, die USA hätten dem WikiLeaks-Gründer "eklatant unzureichende" Zusicherungen gemacht, dass er im Falle einer Auslieferung nach Amerika den von der US-Verfassung garantierten Schutz der Pressefreiheit genieße.
Rechtsstreit seit mehr als zehn Jahren
Der Rechtsstreit zieht sich seit mehr als zehn Jahren hin. Assange sitzt seit fünf Jahren im Hochsicherheitsgefängnis Belmarsh in London.
Ein britisches Bezirksgericht hatte einen Antrag der USA auf Auslieferung 2021 mit der Begründung abgelehnt, dass sich Assange wahrscheinlich das Leben nehmen würde, wenn er unter strengen Haftbedingungen in den USA festgehalten würde. Höhere Instanzen kippten das Urteil, nachdem die USA Zusicherungen gemacht hatten. Die britische Regierung unterzeichnete im Juni 2022 einen Auslieferungsbefehl.