Atomgipfel in Brüssel Eine Renaissance für die Kernenergie?
Anders als Deutschland setzen viele Staaten weiter auf Atomenergie. Beim ersten Treffen der Atom-Allianz in Brüssel kündigten mehr als 30 Regierungen an, den Ausbau bis 2050 zu verdreifachen.
Die IAEA, die Internationale Atomenergiebehörde, hat gemeinsam mit Belgien groß aufgefahren. Auf dem Messegelände am Atomium in Brüssel, das beim Familienfoto als Kulisse für die versammelten Freunde der Atomkraft dient, sind sie alle zusammen gekommen: der Präsident aus Frankreich, der Regierungschef aus Ungarn, die Ministerpräsidenten aus Schweden und aus den Niederlanden, Bulgarien, Serbien, der Tschechischen Republik, der Vizepremier aus China, der Außenminister aus Japan, eine große Delegation aus den USA. Die Liste der Polit-Prominenz ließe sich noch einige Minuten fortsetzen.
Dieses Familienfoto sei ein starkes Symbol, findet Gastgeber Alexander de Croo, der belgische Regierungschef. "An diesem Atomium kann man sehen, wie sehr wir in den Fünfzigern daran geglaubt haben, dass wissenschaftlicher Fortschritt unsere großen Herausforderungen löst. Das brauchen wir auch jetzt wieder, mehr denn je."
Deutschland lehnt EU-Finanzierung ab
Und so ist auch die Stimmung bei den insgesamt 37 Ländern, die als Teil oder als Beobachter der Atom-Allianz gekommen sind, dazu Vertreter aus der Industrie und aus der Wissenschaft. Von den 27 EU-Mitgliedern ist gut die Hälfte mit an Bord. "Ich erwarte von diesem Gipfel, dass er die Atomkraft in der EU und im weltweiten Energiemix stärkt", sagt Klaus Johannis, der rumänische Präsident.
Und dazu sollte am besten auch Geld aus der EU fließen. "Wir wollen die Kernkraft", erklärt zum Beispiel der serbische Präsident. "Aber wir haben kein Know-how und kein Geld. Wir setzen auf die europäische Hilfe." Der belgische Gastgeber de Croo schlägt in einem Interview vor, dass die Forschung und vielleicht auch Atom-Projekte aus dem EU-Haushalt bezahlt werden könnten.
Normalerweise ist das nationale Angelegenheit - aber eben sehr teuer. Deutschland ist aus der Atomkraft ausgestiegen und lehnt eine Finanzierung aus den gemeinsamen Brüsseler Töpfen, wenig überraschend, ab. "Die Atomkraft wird in Europa unterschiedlich gesehen", erklärt Kommissionschefin Ursula von der Leyen. Aber dort, wo man offen dafür sei, könne sie eine wichtige Rolle auf dem Weg zur sauberen Energie spielen.
Greenpeace: Ein nukleares Märchen
Die Abschlusserklärung dieses ersten Treffens der Atom-Allianz ist ein klares Bekenntnis zum Ausbau der Atomenergie, die bis 2050 verdreifacht werden soll. Die Unterzeichner verpflichten sich darin, das Potenzial der Nuklearenergie, wie es heißt, "voll auszuschöpfen" und fordern internationale Geldgeber dazu auf, bei ihren Investitionen Projekte der Nuklearenergie genauso zu behandeln wie andere emissionsfreie Energielieferanten.
Am Rande des Treffens protestierten Aktivisten der Umweltorganisation Greenpeace gegen den Einsatz und Ausbau von Atomenergie. Sie seilten sich vom Dach der Messehalle ab und hielten ein Plakat mit den Worten "Nuclear Fairytale" (Nukleares Märchen) über den Eingang.