Milorad Dodik gestikuliert vor einer Karte der serbischen Teilrepublik von Bosnien-Herzegwina

Abstimmung in Teilrepublik Bosnische Serben leiten Abspaltung ein

Stand: 11.12.2021 01:47 Uhr

In Bosnien und Herzegowina könnten 25 Jahre Frieden auf dem Spiel stehen: Das Parlament der serbischen Teilrepublik Srpska hat die Abspaltung von der Zentralregierung beschlossen. Innerhalb von sechs Monaten soll der Austritt vollzogen werden.

Mehr als ein Vierteljahrhundert nach dem blutigen ethnischen Krieg wachsen in Bosnien und Herzegowina die Sorgen wegen drohender Konflikte. Das Parlament der serbischen Republika Srpska in Banja Luka hat den Rückzug aus der Armee, dem Justiz- und dem Steuersystem der Zentralregierung beschlossen.

Die Abgeordneten setzten der Regionalregierung eine Frist von sechs Monaten, um den Austritt umzusetzen. Zwar blieb fast die gesamte Opposition aus Protest der Abstimmung fern, dennoch erzielte der Vorschlag der Partei SNDS mit 49 Ja-Stimmen eine klare Mehrheit.

Erfolg für Serben Dodik

Das Votum ist vor allem ein Erfolg für SNDS-Chef Milorad Dodik. Er ist auch serbisches Mitglied im Staatspräsidium von Bosnien und Herzegowina. Der Anführer der bosnischen Serben hatte wiederholt damit gedroht, seinen Landesteil aus dem Zentralstaat zu lösen. Nun will er dies offenbar tatsächlich umsetzen. "Es ist Zeit für die  Eroberung der Freiheit für die Republika Srpska", sagte er.

Dodik kündigte an, innerhalb von sechs Monaten Gesetze zu initiieren, in denen die Bereiche, für die nunmehr keine Zuständigkeit des Zentralstaats anerkannt wird, neu geregelt werden sollen. Er ließ offen, ob er - wie früher angekündigt - eine separate Armee der Republika Srpska schaffen wolle.

Der SNDS-Chef meint, die Zentralregierung habe der Republika Srpska unrechtmäßig Vollmachten entzogen. Dies solle nun rückgängig gemacht werden. Dodik, der für seine Pläne die Unterstützung Russlands hat, wirft den westlichen Staaten vor, Bosnien zu Lasten der Serben und zu Gunsten der bosnischen Muslime umgebaut zu haben.

Gemeinsame Föderation seit 1995

Dodiks Vorhaben droht die Architektur des Friedensvertrags von Dayton aus dem Jahr 1995 zu zerstören. Dieser beendete einen mehr als dreijährigen Krieg zwischen Serben, Kroaten und Bosniaken. Der Vertrag schuf zwei weitgehend autonome Landesteile, die Serben-Republik und die bosniakisch-kroatische Föderation.

Eine Reihe gesamtstaatlicher Institutionen sollen ein normales Funktionieren des Staates Bosnien und Herzegowina garantieren. An der Spitze steht ein Dreipräsidium aus einem kroatischen, einem bosniakischen und einem serbischen Vertreter.

US-Regierung in Sorge

Schon Anfang November warnte der Hohe Repräsentant der internationalen Gemeinschaft für Bosnien und Herzegowina, der CSU-Politiker Christian Schmidt, in einem UN-Bericht:  Dodiks Vorhaben "kommt einer Abspaltung gleich, ohne sie zu verkünden".

Auch in Washington schrillten die Alarmglocken, als Dodik im September angekündigte, eine eigene Armee aufzubauen. Die US-Regierung entsandte in den vergangenen Wochen mehrere Diplomaten nach Bosnien, um den Rückhalt Washingtons für eine staatliche Einheit des Landes und seiner Institutionen zu bekräftigen.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete die tagesschau am 11. Dezember 2021 um 04:45 Uhr.