Suella Braverman im britischen Unterhaus
Analyse

Britische Innenministerin Braverman Die Spalterin

Stand: 03.11.2022 15:20 Uhr

Suella Braverman ist in Sachen Migration eine ausgemachte Hardlinerin, mit ihrer Berufung als Innenministerin wollte der britische Premier Sunak die Tories einen. Nun polemisiert und spaltet sie nach Kräften.

Anfang der Woche fand im Unterhaus eine hitzige Debatte zur Asylpolitik der Regierung statt. Suella Braverman machte in dem Schlagabtausch deutlich, wie sie die Lage am Ärmelkanal bewertet, wo in diesem Jahr bereits Tausende Flüchtlinge in Schlauchbooten aus Frankreich angekommen sind: Das britische Volk habe das Recht, zu wissen, welche Partei es ernst meine damit, die "Invasion" an der Südküste zu stoppen, sagte die Innenministerin.

Der Begriff "Invasion" ist definiert als feindliches Einrücken militärischer Einheiten in fremdes Gebiet. Dieser Satz, der so viel über die neue Innenministerin sagt, war kein Ausrutscher: Braverman sieht das so - trotz deutlicher Kritik auch aus der eigenen Partei folgte keine Entschuldigung.

Braverman polemisiert

Braverman ist dem rechten Flügel der Konservativen zuzuordnen. Sie wurde 1980 geboren und ist die Tochter indisch-stämmiger Einwanderer, die in den 1960er-Jahren nach England kamen. Die ehemalige Generalstaatsanwältin ist seit 2015 Abgeordnete. 2017 und 2018 war sie Vorsitzende der European Research Group (ERG) - ein loser Zusammenschluss rechter Politiker innerhalb der Fraktion der Konservativen, die den Brexit umsetzen wollen und die Partei immer weiter nach rechts gedrängt haben.

Premierminister Rishi Sunak ernannte sie bewusst zur Innenministerin, um so den rechten Flügel der Partei einzubinden. Nach den massiven Streitigkeiten in der Partei war es sein Plan, ein Kabinett zusammen zu stellen, das die Konservativen eint. Ob das mit der neuen Innenministerin gelingt, ist offen.

Braverman polemisiert, polarisiert. In einer Debatte machte sie eine "Koalition des Chaos" dafür verantwortlich, dass es zu Behinderungen im Straßenverkehr komme, weil Protestierende sich festklebten. Es seien Labour, die Liberaldemokraten, die Tofu-essenden, woken "Guardian"-Leser aus Nordlondon, bei denen man sich dafür bedanken müsse. Die Personalie, die die Partei einen sollte, spaltet das Land.

"Sie ist eine Katastrophe - raus mit ihr!", steht auf einem Protestplakat gegen Suella Braverman vor dem britischen Parlament.

"Sie ist eine Katastrophe - raus mit ihr!", steht auf einem Protestplakat gegen Suella Braverman vor dem britischen Parlament.

Mehrfach in der Kritik

Braverman will die Zahl der Flüchtlinge reduzieren, was die Brexit-Befürworter bislang immer wieder versprochen haben, aber nicht umsetzen konnten. Großbritannien sei Schauplatz einer globalen Migrations-Krise, poltern sie seit Jahren. In diesem Jahr seien schon um die 40.000 Personen in Booten nach Südengland gekommen, sagte Braverman im Unterhaus. Im europäischen Vergleich ist das wenig.

In all der populistischen Rhetorik geht unter, dass Braverman jedoch auch keine Idee hat, wie diese Zahl reduziert werden könnte. Sie hofft auf die Abschiebeflüge nach Ruanda, die Flüchtende abschrecken sollen, nach Großbritannien zu kommen. Diese Flüge sind aus rechtlichen Gründen ausgesetzt.

Nun ist Braverman in die Kritik geraten wegen unhaltbarer Zustände in den Unterkünften in Kent für angekommene Flüchtlinge: Die Einrichtungen sind überbelegt, Behörden melden den Ausbruch von Krankheiten. Die Opposition wirft der Innenministerin vor, absichtlich keine Hotels oder andere Unterkünfte hinzugebucht zu haben. Außerdem bräuchten die staatlichen Stellen extrem lange zur Bearbeitung der Asylanträge.

Dieses Thema im Programm: Über dieses Thema berichtete Deutschlandfunk am 03. November 2022 um 05:41 Uhr.