Cannabis-Politik in der EU Brüssel schaut seit Jahrzehnten zu
Mit der geplanten Teillegalisierung von Cannabis prescht Deutschland in Europa vor. In einigen Ländern wird der Konsum zwar geduldet, doch eine europaweite Legalisierung bleibt umstritten.
Die Grünen - auch im Europaparlament - haben immer schon darauf gedrängt: Seit Jahren machen sie sich dafür stark, den Cannabis-Konsum zumindest für den privaten Gebrauch möglichst in der gesamten EU zu legalisieren.
Es ergebe keinen Sinn, eine Droge zu verbieten und deren Konsum strafrechtlich zu verfolgen, die nicht gefährlicher sei als erlaubte Rauschmittel, meint der grüne Europaparlamentarier Daniel Freund. Eine Legalisierung habe darüber hinaus den positiven Effekt, dass der Schwarzmarkt für den Cannabis-Handel quasi austrockne.
"Das Rechtssystem sollte nicht so viel Personal und Geld in die Bekämpfung von etwas stecken, was an sich nicht wirklich ein Problem ist", sagt Freund und argumentiert, dass Cannabis mit anderen Drogen wie Zigaretten oder Alkohol vergleichbar sei und - vergleichsweise - wenig gesundheitsschädliche Effekte habe.
In Europa herrscht Uneinigkeit bei liberaler Drogenpolitik
So sehen es offenbar viele - etwa auch in den Niederlanden, in Spanien oder in Tschechien, wo der Cannabis-Konsum zumindest vom Gesetzgeber toleriert wird, wenn er auch nicht vollständig legalisiert worden ist.
Aber: Längst nicht alle in der Europäischen Union gehen hier mit. Der zweitgrößte Mitgliedsstaat Frankreich beispielsweise ist zwar das Land, in dem am meisten Cannabis konsumiert wird. Doch eine Legalisierung werde es mit Emanuel Macron niemals geben, versichert der französische Präsident immer wieder. Aus seiner liberalen Renew-Partei würden zwar auch manche gern mehr "laissez-faire" beim Cannabis-Konsum sehen, aber eben nicht um jeden Preis.
Denn es gebe Risiken, die man nicht ignorieren dürfe, sagte die Europaparlamentarierin und Ärztin Veronique Trillet-Lenoir von der Renew. Als Ärztin müsse sie die Gegenargumente in Erinnerung rufen und die seien gewichtig: Man wisse, dass psychische und psychiatrische Probleme durch den Cannabis-Konsum verursacht würden - das gelte insbesondere bei sehr jungen Menschen. Gerade Jugendliche betrachte sie bei einer Legalisierung als Hauptzielgruppe.
Deshalb sieht man die Tolerierung oder Legalisierung auch in vielen osteuropäischen Staaten skeptisch. Und selbst die als gesellschaftlich äußerst liberal geltenden Skandinavier wollen davon bisher nichts wissen. Europa ist sich also auch an dieser Stelle einmal mehr uneinig.
Verkauf von Drogen in der EU eigentlich verboten
Dabei gibt es durchaus europäische Regelungen. Denn die Grenzen in der EU sind offen. Und so wäre es leicht möglich, Cannabis in mehr oder weniger großen Mengen vom einen ins andere Land zu transportieren. Genauer gesagt von einem Land, in dem es legal konsumiert werden darf, in ein anderes, wo das eben nicht erlaubt ist.
Deshalb ist die Sache rein juristisch betrachtet klar: Der Verkauf von Drogen ist in der gesamten EU verboten - genauso wie Anbau und Herstellung sowie grenzüberschreitender Handel. Und dieses Verbot bezieht sich ausdrücklich auch auf Cannabis. Schon im Jahr 2004 hat man sich in Brüssel darauf geeinigt. Obwohl schon damals klar war, dass zumindest in den Niederlanden das Ganze weniger streng gesehen wurde.
Seit 50 Jahren wird dort der Verkauf von sogenannten weichen Drogen toleriert. In den "Coffee-Shops" darf jede und jeder fünf Gramm Cannabis für den Eigenbedarf erwerben. Allerdings ohne zu wissen, woher es kommt. Denn angebaut werden darf Cannabis in den Niederlanden nicht, also müssen sich die Shops ihr "Gras" im Grunde auf illegale Weise besorgen.
Brüssel will Deutschlands Pläne genauer begutachten
Die EU guckt dabei seit Jahrzehnten zu. Und auch für Tschechien, das den Cannabis-Konsum seit 13 Jahren für den privaten Konsum toleriert, gab es aus Brüssel bislang keine Rüge. Genauso wenig wie für Spanien, wo es ähnlich funktioniert. Dabei ist die Menge für den privaten Konsum in beiden Ländern nicht einmal klar definiert. "Klein" müsse sie allerdings sein. Toleriert wird der Cannabis-Konsum in kleinen Mengen auch in Portugal, Malta und Luxemburg.
Wenn Deutschland Cannabis nun tatsächlich so legalisieren sollte, wie Gesundheitsminister Lauterbach das vorhat, dann wäre das in der EU der bisher am weitesten gehende Schritt. Ob Brüssel auch da wieder einfach zuschauen wird, ist deshalb fraglich. Bisher heißt es aus der Kommission nur: Man werde sich die Pläne genau anschauen. Das dann immerhin doch.