Trockenheit in weiten Teilen des Landes Winterdürre hat Frankreich im Griff
Seit mehr als einem Monat hat es in Frankreich nicht geregnet - ein Rekord. Bereits jetzt im Winter gibt es Orte ohne fließendes Wasser. Und dazu tritt die drängende Frage, wie dramatisch die Situation im Sommer wird.
Patrick Le Bris ist erleichtert. Endlich kommt wieder Wasser aus dem Hahn. "Fürs Kochen, Kaffeemachen oder Zähneputzen ist das aber nicht geeignet, dafür müssen wir Wasser aus der Flasche benutzen", sagt der Einwohner des kleinen Pyrenäen-Dörfchens Oreilla im Südwesten Frankreichs.
Der Ort war streckenweise ohne fließendes Wasser. Im Speicher, der die Bewohner mit Wasser versorgt, stehen nur ein paar Zentimeter - viel weniger als üblich. In der Vorwoche war er ganz leer.
"Die Quelle versiegt. Es kommt nur noch ganz wenig Wasser bei uns an. Vor kurzem kam gar nichts mehr. Das hat es im Winter noch nie gegeben", sagt Bürgermeister Éric Rodriguez. Jetzt kommt der Tankwagen, um die Gemeinde zu versorgen.
Restriktionen in mehreren Departements
Das Departement Pyrénées-Orientales im Südwesten Frankreichs ist eine der am stärksten von Trockenheit getroffenen Regionen in Frankreich. Hier gelten bereits seit der Trockenheit im letzten Sommer Beschränkungen bei der Wassernutzung.
Am 22. Februar wurden sie noch mal verschärft. Anwohner in den meisten Gemeinden dürfen hier weder Rasen sprengen noch ihre Gemüsegärten wässern. Auch Autos waschen oder die Terrasse reinigen ist verboten.
Auch in drei weiteren Departements gelten Beschränkungen. In der Gemeinde Saint Zacharie im Departement Var, in der rund 5000 Menschen leben, sind zum Beispiel die Brunnen abgestellt.
Das ganze Land betroffen
Das ganze Land hat mit starker Trockenheit zu kämpfen. Vielerorts sind Flüsse und Bäche ausgetrocknet, wie zum Beispiel die Huveaune bei Marseille. Vom Lac de Montbel im Südwesten Frankreichs bleibt kaum mehr als eine Pfütze. "Vergangenes Jahr um diese Zeit waren hier fast 50 Millionen Kubikmeter Wasser drin. Das Wasser stand hoch bis zu den Bäumen", sagt Pierre Terpan, der Bürgermeister von Montbel.
Jetzt ist der Stausee nur zu rund 20 Prozent gefüllt. Dass hier normalerweise Paddeln oder Kanufahren möglich ist, ist gerade unvorstellbar. "Im vergangenen Frühling hatten wir schon wenig Wasser, dann kam der trockene und heiße Sommer und jetzt macht uns der trockene Winter Probleme", sagt Stauseebetreiber Xavier Rouja.
Auch an anderen Seen ist der Wasserspiegel gesunken. Am Lac de Vouglans im Jura ist er sogar um mehr als 18 Meter abgesackt.
Grundwasserreserven abgesunken
Seit mehr als einen Monat hat es in Frankreich keine nennenswerten Niederschläge gegeben - es ist die längste Zeitspanne seit Beginn der Aufzeichnungen. Das gab der nationale Wetterdienst Météofrance bekannt.
Die Grundwasserreserven konnten sich nicht, wie sonst im Winter, auffüllen. Dafür sind die Regenfälle in den Monaten September bis März entscheidend. Nach der extremen Trockenheit im letzten Jahr befürchtet Frankreich einen zweiten Dürresommer in Folge - mit entsprechenden Konsequenzen für Vegetation und Landwirtschaft.
Stress für die Vegetation
Davide Faranda, Klima- und Umweltforscher beim nationalen Forschungszentrum CNRS, beobachtet, dass diese Phasen der Trockenheit immer häufiger werden: "Seit 2017 erleben wir regelmäßig aufeinander folgende Trockenheitsphasen." Faranda verdeutlicht: "Wenn wir Menschen ein paar Tage krank sind, erholen wir uns wieder. Wenn wir dagegen ständig krank sind, ist das Stress für den Körper. Für die Vegetation ist das genauso."
Gleichzeitig steigt die Sorge vor Waldbränden. Im Südwesten des Landes drohen in diesem Jahr besonders frühe und schlimme Waldbrände. "Die Feuer könnten intensiver sein, weil sie mehr Nahrung bekommen", sagte Stéphane Clerc vom Departement Pyrénées-Orientales mit Blick auf die trockene Vegetation. Bereits im Februar sind in der Nähe von Perpignan 60 Hektar Vegetation abgebrannt, ein extrem früher Zeitpunkt für einen Waldbrand in Frankreich.
Klarer Zusammenhang mit Klimawandel
Die zunehmenden Trockenheitsphasen sind laut Forscher Davide Faranda auf den Klimawandel zurückzuführen: "Das CO2 in der Atmosphäre erhöht die Temperaturen. Wie in einem Heißluftballon steigt dabei der Druck. So ein Hochdruckgebiet ist genau wie ein Heißluftballon. Steigt die Temperatur, pumpt es sich immer weiter auf und legt sich über Europa. Es nimmt mehr Raum ein und viel ist intensiver."
Dadurch dränge es die Niederschläge zurück. Trockenheitsphasen habe es immer wieder gegeben, aber nicht so intensiv und großflächig, so der Forscher.
Macron ruft zum Sparen auf
Bei seinem Besuch bei der Landwirtschaftsmesse in Paris kündigte Präsident Emmanuel Macron Maßnahmen an: "Wir müssen unser Wasser besser nutzen, verhindern, dass es im Netz Lecks gibt. Wir müssen überall im Land Speichersysteme aufbauen, auch damit die Landwirtschaft weiter funktioniert."
Schätzungsweise 20 Prozent Wasser versickert in Frankreich, weil die Rohrsysteme zu alt sind oder Lecks haben. Auch bei der Aufbereitung von Nutzwasser gebe es noch einiges aufzuholen. Außerdem muss laut Macron Wasser gespart werden: "Wie beim Thema Energie brauchen wir einen Plan, um Ressourcen zu sparen." Im März soll nun ein nationaler Wasserplan vorgestellt werden.
Nächste Wochen entscheidend
Der Niederschlag der nächsten Wochen werde nun darüber entscheiden, ob Frankreich eine ähnlich extreme oder sogar schlimmere Situation erlebt wie im Extremsommer 2022.
"Wenn einer langen Trockenheitsphase eine lange Regenphase folgt, ist das für die Vegetation auch nicht gut, da es wieder Stress bedeutet", erklärt Forscher Faranda. Auch zu starke Regenfälle seien ein Problem.
"Eigentlich bräuchten wir etwas Abwechslung: also ein paar Tage Regen und dann wieder ein paar Tage schönes Wetter." Noch gebe es aber Hoffnung, dass sich dieses Jahr etwas ändert. Die Lage sei besorgniserregend, aber noch, so Faranda, sei nicht alles verloren.