Deutsch-französisches Treffen Gute Vorsätze und leidige Fragen
Eigentlich sollten 60 Jahre Élysée-Vertrag gefeiert werden. Doch auch der deutsch-französische Festtag wurde vom Ukraine-Krieg und der Frage nach deutschen Panzerlieferungen überschattet.
Der Jubiläumstag begann im Pantheon: Kranzniederlegung am Sarg der Holocaust-Überlebenden Simone Veil. "Was unseren Tag bestimmt ist, sich ins Gedächtnis zu rufen, woher man kommt, um zu wissen, wohin man geht", sagt Yael Braun-Pivet, Präsidentin der Nationalversammlung. "Und deshalb hatte auch die Präsidentin des Bundestags den Wunsch, jene Frau zu ehren, die auch die 1. Präsidentin des Europa-Parlaments war."
Dann der Festakt an der Sorbonne, mit der Europahymne auf Französisch und Deutsch gesungen. Schließlich sieht man sich, Zitat Kanzler Olaf Scholz, als Impulsgeber in einem geeinten Europa. Auch die bundesdeutsche Opposition ist anwesend und parteienübergreifend in Feierlaune.
Auch Opposition gibt sich diplomatisch
Vizebundestagschefin Petra Pau von der Linkspartei erinnert an den im Herbst mangels Einigkeit verschobenen deutsch-französischen Ministerrat und rät: "Vielleicht an der einen oder anderen Stelle auch ein bisschen justieren. Es war ja nun doch etwas rumpelig, sage ich mal vorsichtig, im Herbst."
CDU-Oppositionsführer Friedrich Merz blickt voraus: "Und ich würde mir wünschen, dass es so, wie es zwischen Deutschland und Frankreich immer sein sollte, heute zwischen Deutschland, Frankreich und Polen wäre, dass wir nämlich mit diesen drei Ländern zusammen einfach Führungsverantwortung gemeinsam für Europa übernehmen."
Und wieder die Panzerfrage
Nach dem Festakt am Vormittag an der Sorbonne - Motor an für den deutsch-französischen Tross schwarzer Limousinen durch Paris. Für die Minister beider Länder geht es Richtung Élysée zur gemeinsamen Kabinettsitzung. Anschließend gehen Kanzler Scholz und Präsident Emmanuel Macron vor die Presse. Erstes Thema im zehnseitigen Kommuniqué: Sicherheit, Verteidigung und Ukraine-Krieg.
Die zweite Frage: Liefern Sie schwere Panzer - "Leopard 2" oder "Leclercs"? Präsident Macron wurde fast schon konkret: "Nichts ist ausgeschlossen. Das bewerten wir nach drei Kriterien: Sie dürfen nicht zur Konflikteskalation führen. Sie müssen eine effektive Hilfe für unsere ukrainischen Freunde darstellen. Dafür müssen wir sie ausbilden, die Technik muss gewartet werden. Und drittens: Es darf unsere eigene Verteidigungsfähigkeit nicht schmälern."
Scholz äußerte sich dagegen ausweichend: "So, wie wir in der Vergangenheit vorgegangen sind, immer eng abgestimmt mit all unseren Freunden und Verbündeten, die konkrete Lage besprechend, werden wir auch in Zukunft vorgehen. Wir müssen befürchten, dass der Krieg noch sehr lange dauert und deshalb ist es für die Ukraine wichtig zu wissen: Wir werden in unserer Unterstützung nicht nachlassen."
Viele gute Vorsätze
Es wird Manöver der Deutsch-Französischen Brigade in Litauen und Rumänien geben. Im Hof des Élysée-Palastes ist zudem nicht von ungefähr ein militärisches Hightech-Modell ausgestellt: eine Drohne für das FCAS-Kampfjet-Projekt, das Scholz und Macron jüngst nochmal persönlich gepusht haben. Die Drohne hat der deutsch-französische Airbus-Konzern gebaut.
"Die Drohnen können einen elektronischen Krieg führen, den gegnerischen Radar stören und den Feind glauben machen, er habe es mit einem Jagdflugzeug und mit einer größeren Flotte zu tun", sagt Projektleiter Bruno Fichefeux.
Die Innenminister haben ihrerseits eine neue bilaterale Brigade zum Kampf gegen illegale Einwanderung gegründet. Zudem wird eine künftige Wasserstoff-Pipeline bis Deutschland verlängert. Mit den USA will man über die Auswirkungen des Anti-Inflations-Plans nachverhandeln. Frankreich und Deutschland wollen die EU um die Westbalkan-Staaten erweitern und auch deshalb Entscheidungsfindungen in der Union vereinfachen.
Beide wollen ein grünes, innovatives Europa. Ein neues deutsch-französisches Batterie-Forschungsprogramm wurde ins Leben gerufen. Den ganzen Tag über war auch sie Thema, die Jugend, zahlreich beim Festakt an der Sorbonne vertreten. Die deutsch-französischen Jugendlichen sollen die Welt verändern, hieß es da. Eve, Célia und Julien vom deutsch-französischen Gymnasium in Buc bei Paris hatten sich schick gemacht für diesen Tag: "Wir sind sehr geehrt, dass wir den Kanzler und den Präsidenten treffen dürfen. Die ganze Woche haben wir am Gymnasium das Jubiläum gefeiert."
Kanzler und Präsident bringen für sie denn auch ein binationales Bahnticket auf den Weg. Damit sollen diesen Sommer 60.000 Jugendliche das jeweils andere Land kostenlos per Zug bereisen können. Und die Regierungen wollen sich künftig öfter in kleinerem Rahmen mit zielgerichteter Agenda treffen. Die nächste gemeinsame Klausur richtet Deutschland im Herbst aus.