ESA-Auftrag an Schweizer Startup Der Schrott im Orbit soll weg
Tausende Überbleibsel von ausgedienten Raketen und Satelliten sausen um die Erde. Das Schweizer Startup ClearSpace soll nun im Auftrag der Europäischen Weltraumagentur als weltweit erste Firma Trümmer im All entsorgen.
Nach fast sechzig Jahren Raumfahrt mit mehreren Tausend Starts umkreist eine regelrechte Schrottwolke die Erde. Alte Raketen, Teile von Satelliten und aufgegebene Flugkörper schwirren im Orbit. In den Anfangstagen der Raumfahrt habe man sich darüber keine Gedanken gemacht hat, meint Luc Piguet.
Der 48-jährige Elektronik-Ingenieur ist einer der beiden Chefs der Schweizer Firma ClearSpace, die von der Europäischen Weltraumagentur ESA den Auftrag für die weltweit erste Säuberungsmission im All erhalten hat. Der Müll ist eine Gefahr, sagt Luc Piguet. "Wenn zwei Objekte, die nicht mehr funktionieren in Kollision kommen, generiert das eine sehr große Menge Schrott im Weltraum, und das ist ein Risiko für alle Missionen, die wir in der Zukunft haben."
Schrott verglüht in der Atmosphäre
Das Aufräumen ist dringend notwendig. Denn mittlerweile fliegen rund 42.000 Objekte durchs All. Sie können wie Geschosse für Satelliten oder Raumstationen gefährlich werden. Die Firma ClearSpace wurde im Umfeld der technischen Hochschule EPFL Lausanne gegründet. ClearSpace bedeutet auf Deutsch freier Raum.
ClearSpace will dazu beitragen, dass der Orbit wieder ein von Schrott freier Raum wird, sagt der 48-jährige Elektronik-Ingenieur. "Was wir eigentlich machen ist, diese Objekte, die nicht mehr funktionieren, aus dem Weltraum rauszunehmen. Wir holen sie ab und bringen sie zurück in die Erdatmosphäre, wo sie verbrennen", erklärt Piguet.
Abbremsmanöver ist kompliziert
Für die Aufräumaktion soll ein Satellit mit dem Namen "ClearSpace-1" gebaut und ins All geschickt werden, um den Müll einzusammeln. Das Gerät soll Objekte finden und abbremsen. "Wir bringen die Geschwindigkeit runter, so dass er zurück runter in die Erdatmosphäre kommt", sagt Piguet.
Im Prinzip ist bekannt, wo der Schrott sich im Orbit befindet. Möglich macht das eine Datenbank, die mit Koordinaten aus der Radarüberwachung gespeist wird. Die Angaben haben eine Genauigkeit von etwa zwei bis drei Kilometern. Der Satellit muss die exakte Position der Objekte selbst finden und diese dann für den Abbremsvorgang ergreifen.
"Das ist eine der größten Herausforderungen der Mission", erklärt Piguet. Da es keine Anziehungskraft gebe, bestehe zwischen den Objekten auch kein Reibungswiderstand. "Eine ganz kleine Berührung kann große Bewegungen auslösen. Und wenn das Objekt in Bewegung ist, wird es kompliziert, es überhaupt anzufassen."
Hoffnung auf neuen Markt
Das anschließende Verglühen der Schrottteile beim Eintritt in die Erdatmosphäre sei dagegen relativ problemlos, denn insbesondere neue Satelliten seien extra dafür konstruiert, dass sie in einer Art Sternschnuppen-Schauer aufgehen.
Dass die ESA den 100 Millionen Euro schweren Aufräum-Auftrag an die Schweizer ClearSpace vergeben hat, ist für das Unternehmen mit etwa 30 Mitarbeitern quasi der Ritterschlag. "Das ist für uns fantastisch", so Piguet. Allein könnten die Schweizer die Aufgabe allerdings nicht bewältigen, daher arbeiten sie mit großen Partnern zusammen - etwa Airbus.
Alle Beteiligten hoffen, dass auf lange Sicht ein Markt entsteht für die Schrottentsorgung im Orbit. Ob das System grundsätzlich funktioniert, wird ab 2025 zu erleben sein. Dann soll der Satellit "ClearSpace-1" ins All geschickt werden.