Abstimmung im EU-Parlament Kommen Gesundheitschecks für ältere Autofahrer?
Sollen ältere Autofahrer regelmäßig Gesundheitstests machen, um sicherzugehen, dass sie noch gut fahren können? Darüber stimmt heute das EU-Parlament ab. Verkehrsminister Wissing spricht sich gegen Verpflichtungen aus.
Das EU-Parlament stimmt heute über eine Reform der EU-Führerscheinregeln ab. Unter anderem geht es dabei um die Frage, ob Autofahrerinnen und Autofahrer künftig regelmäßig ihre Gesundheit überprüfen lassen müssen.
Bei solchen Untersuchungen soll dann geschaut werden, ob jemand gesundheitlich noch in der Lage ist, sich hinter das Steuer zu setzen. Die Überarbeitung der Regeln geht auf einen Vorschlag der EU-Kommission zurück, der im März vorgestellt worden war. Wegen der Vorschläge war eine Debatte darum entbrannt, ob ältere Menschen im Straßenverkehr ein Risiko darstellen.
Zahl der Unfalltoten steigt
Mit den neuen Vorgaben soll der Straßenverkehr sicherer werden und weniger Menschen bei Unfällen sterben. EU-Angaben zufolge kommen jedes Jahr mehr als 20.000 Menschen auf den Straßen in der Europäischen Union ums Leben.
Ziel ist es, die Zahl der Verkehrstoten bis 2030 zu halbieren. Die Entwicklung sieht aber derzeit nicht danach aus - nach einem deutlichen Rückgang während der Corona-Pandemie stieg die Zahl der Toten jüngst wieder an.
Unfälle mit Senioren oft schwerer
Unfallforscher warnen vor Gefahren, die von älteren Autofahrern ausgehen. Zahlen des Statistischen Bundesamtes für 2021 zeigen: Kam es zu Unfällen mit Beteiligung von älteren Autofahrern, trugen in 68,2 Prozent der Fälle Senioren hinter dem Steuer die Hauptschuld. Bei den mindestens 75-Jährigen wurde sogar drei von vier unfallbeteiligten Autofahrerinnen und -fahrern die Hauptschuld am Unfall zugewiesen.
Statistisch sind Senioren zwar seltener in Unfälle verwickelt - was jedoch vor allem daran liegt, dass sie weniger fahren -, diese sind dann aber oft schwerer. Bezogen auf die Fahrleistung sei Senioren eine ähnliche Unfallhäufigkeit zuzurechnen "wie der Hochrisikogruppe der 18- bis 25-Jährigen", sagt Siegfried Brockmann, Leiter der Unfallforschung der Versicherer.
EU-Staaten wollen verhandeln
Die EU-Staaten planen keine verpflichtenden Tests. Sie hatten ihre Verhandlungsposition bereits vergangenes Jahr festgelegt. Wenn das Parlament seine Position festgelegt hat, können Verhandlungen über einen finalen Kompromiss beginnen.
Die Gesundheitstests sind dabei nur Teil des Gesetzesvorhabens. Unter anderem geht es auch darum, ob begleitetes Fahren ab 17 künftig EU-weit möglich sein soll.
FDP will weiteres Gesetz blockieren
Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) will die Checks für ältere Menschen blockieren. "Ich halte staatliche Vorgaben, verpflichtende Selbstauskünfte auszufüllen und ärztliche Gutachten zur Fahrtauglichkeit auszustellen, für einen enormen Bürokratieaufwand", sagte Wissing dem "Tagesspiegel". Dem Minister zufolge können Autofahrer selbst am besten einschätzen, ob sie noch fahren können.
Die FDP hatte zuletzt mehrere Gesetzesvorhaben auf EU-Ebene blockiert, etwa schärfere CO2-Grenzwerte für Lkw oder ein europäisches Lieferkettengesetz. Da die Bundesregierung sich als ganzes enthalten muss, wenn ein Koalitionspartner dagegen ist, spricht man in Brüssel vom sogenannten "German Vote", denn eine Enthaltung wirkt oft wie ein Nein in den Abstimmungsprozessen.