Entwurf zu EU-Gipfel Zinsgewinne für Militärhilfe?
Die Europäische Union sucht nach neuen Quellen, um ihre Militärhilfe für die Ukraine zu finanzieren. Laut einem Gipfelentwurf sollen dafür russische Zinsgewinne abgeschöpft werden. Aber stimmen die Mitgliedsstaaten auch zu?
Die 27 EU-Staaten wollen die Finanzierung der Militärhilfe für die Ukraine auf sicherere Beine stellen. Dazu wollen sie auch Zinsgewinne aus eingefrorenem russischem Vermögen nutzen. Das ging aus dem Entwurf für eine Erklärung zum Gipfeltreffen in Brüssel hervor.
Wie vom EU-Außenbeauftragten Josep Borrell zuvor angekündigt, soll der größte Teil der Zinseinahmen von eingefrorenen Mitteln dafür verwendet werden. Einen entsprechenden Vorschlag hatte die EU-Kommission von Ursula von der Leyen am Mittwoch vorgelegt.
Nach Kommissionsangaben sind rund 210 Milliarden Euro der russischen Zentralbank in der EU eingefroren. Das in Brüssel ansässige Finanzinstitut Euroclear hatte zuletzt mitgeteilt, 2023 rund 4,4 Milliarden Euro an Zinseinnahmen gemacht zu haben.
Scholz erwartet großes Einvernehmen
Es ist aber noch unklar, ob alle Mitgliedsstaaten den Vorstoß unterstützen. Es gibt Sorgen wegen möglicher Klagen Russlands und Vertrauensverlust von Anlegern. Kanzler Olaf Scholz hatte bereits angekündigt, dass er den Vorschlag unterstützt.
Er bezeichnete die Nutzung der Profite aus eingefrorenem russischem Vermögen für ukrainische Waffenkäufe als klares Zeichen an Russlands Präsidenten Wladimir Putin. "Er hat sich verrechnet, wenn er glaubt, dass wir nicht in der Lage sind, die Ukraine so lange zu unterstützen, wie das notwendig ist. Und da ist die Nutzung der Windfall-Profits ein kleiner, aber wichtiger Baustein", sagte er zum Auftakt der zweitägigen Beratungen in Brüssel.
"Ich glaube, dass es hier eher großes Einvernehmen geben wird", fügte er mit Blick auf die erwartete Diskussion etwa mit Ungarn hinzu. "Was mir wichtig ist, dass wir dieser Nutzung jetzt noch eine klare Richtung geben", sagte Scholz und nannte den Kauf von Munition.
Mehr bilaterale Militärhilfen?
Der Kanzler mahnte zugleich, dass andere EU-Staaten ihre bilateralen Militärhilfen für die Ukraine erhöhen sollten. "Es müssen alle europäischen Staaten einen guten Beitrag leisten. Ich sehe da auch erkennbar Fortschritte." Schon im Vorfeld des Treffens war aus deutschen Regierungskreisen bekannt geworden, dass Scholz den Gipfel nutzen werde, um auch bilateral eine Erhöhung der Hilfen für die Ukraine anzuregen.
Die estnische Ministerpräsidentin Kaja Kallas hatte vorgeschlagen, dass jedes Land 0,25 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für Militärhilfe für die Ukraine zur Verfügung stellen soll. Davon sind die meisten der 27 EU-Staaten aber weit entfernt. Etliche EU-Länder haben mit Budgetproblemen zu kämpfen. Deshalb gilt die Nutzung von mehreren Milliarden Euro jährlich aus den Zinserträgen eingefrorener russischer Vermögenswerte als Möglichkeit, die Hilfe für die Ukraine besser abzusichern.
Mehr Geld für den Rüstungssektor gefordert
Diskutiert wird auf dem EU-Gipfel aber auch, wie mehr Geld in die europäische Verteidigungsindustrie gepumpt werden kann, um angesichts der russischen Aufrüstung die Produktion von Waffen und Munition rasch zu erhöhen. In dem Entwurf der Gipfelerklärung heißt es, dass der Zugang der europäischen Rüstungsindustrie zu öffentlichen und privaten Finanzmitteln verbessert werden soll. Die EU-Kommission und die Fachminister sollen alle Möglichkeiten zur Mobilisierung von Finanzmitteln prüfen und bis Juni darüber Bericht erstatten.
Die Europäische Investitionsbank (EIB) wird aufgefordert, ihre Politik für die Kreditvergabe an die Rüstungsindustrie und ihre derzeitige Definition von Gütern mit doppeltem Verwendungszweck für zivile und militärische Nutzung anzupassen. Dabei soll sie aber auch darauf achten, dass sie ihre Bonität erhält. Hintergrund ist unter anderem, dass Investitionen in den Verteidigungssektor nicht als "nachhaltig" eingestuft werden.