Wegen Korruption EU will Ungarn 7,5 Milliarden Euro streichen
Die EU-Kommission schlägt vor, Ungarn wegen Verstößen gegen Prinzipien des Rechtsstaats Zahlungen in Höhe 7,5 Milliarden Euro zu kürzen. Budapest will im Eilverfahren Gesetze beschließen, die der Korruptionsbekämpfung dienen sollen.
Wegen Korruptionsvorwürfen will die Europäische Kommission Ungarn milliardenschwere Fördermittel kürzen. Zahlungen in Höhe von rund 7,5 Milliarden Euro aus dem gemeinsamen Haushalt der EU für 2021 bis 2027 sollen gestrichen werden. Das teilte EU-Haushaltskommissar Johannes Hahn mit.
Die ungarische Regierung hatte zuvor bereits Maßnahmen vorgeschlagen, um auf die Kritik der EU einzugehen. Dennoch empfehle die EU, die Zahlung auszusetzen, so Hahn. Ungarn habe aber bis zum 19. November Zeit, um auf die Bedenken einzugehen.
Das Geld aus dem EU-Haushalt sei nicht ausreichend vor Missbrauch geschützt, sagte der Österreicher. Es ist das erste Mal, dass die EU-Kommission einen Mitgliedsstaat wegen Mängeln im Rechtsstaat in dieser Form sanktionieren will.
Corona-Hilfen bereits zuvor blockiert
Damit das Geld tatsächlich gekürzt werden kann, müssen mindestens 15 EU-Länder zustimmen, in denen zusammen mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung leben. Den sogenannten EU-Rechtsstatsmechanismus hat die EU-Kommission bereits im April in Gang gesetzt.
Nach Angaben der Antikorruptionsbehörde der EU war im Zeitraum 2015 bis 2019 der Anteil an Unregelmäßigkeiten bei der Verwendung von EU-Mitteln in keinem anderen Mitgliedsland so hoch wie in Ungarn. Die EU-Kommission hatte Ungarn schon zuvor eine unzureichende Bekämpfung von Korruption vorgeworfen und deswegen rund sechs Milliarden Euro an Corona-Hilfen blockiert.
Ungarn: "Zugeständnisse erörtert und gebilligt"
Ungarn will nach eigenen Angaben mit mehreren Gesetzesänderungen den Streit mit der EU beilegen. "Die Regierung hat die Wünsche der Europäischen Kommission entweder akzeptiert oder, soweit wir sie nicht akzeptieren konnten, einen Kompromiss geschlossen, der beide Seiten zufriedenstellt", sagte der Stabschef von Ministerpräsident Viktor Orban, Gergely Gulyas. "Die Regierung hat diese Zugeständnisse heute erörtert und gebilligt."
Die Gesetze sollten vom Parlament im Eilverfahren beschlossen werden und im November in Kraft treten. Die Änderungen sollen unter anderem die Einrichtung einer unabhängigen Korruptionsbekämpfungsstelle umfassen. Außerdem sind Maßnahmen geplant, um den Gesetzgebungsprozess transparenter zu gestalten.
Auch Polen im Fokus
Der EU-Rechtsstaatsmechanismus ist Anfang 2021 in Kraft getreten, damit Verstöße gegen rechtsstaatliche Prinzipien wie die Gewaltenteilung in der EU nicht mehr ungestraft bleiben. Handlungsfähig ist die EU jedoch nur, wenn durch die Defizite EU-Gelder missbraucht werden könnten.
Neben Ungarn ist auch Polen im Fokus. Beide Länder hatten deshalb vor dem Europäischen Gerichtshof dagegen geklagt - der die Klage jedoch abwies.